Geflon

[213] Geflon (Nord. M.), eine Asenjungfrau, Beschützerin der Jungfrauen und ihrer Tugend, allwissend, wie Odin selbst. Zu ihr wandeln die Mädchen, welche als Jungfrauen sterben, und sie nimmt dieselben in ihren Palast auf, dessen Schönheit Alles übertrifft, was ein Mensch sich denken kann. Ihre eigene Reinheit wird durch zwei Begebenheiten zweifelhaft gemacht: erstens musste sie bei Aegirsdrekka (Aegirs Trinkgelag), wo sie durch freundliche Worte Braga mit dem schmähenden Loke zu versöhnen suchte, sich von diesem nicht besonders ehrende Dinge nachsagen lassen; zweitens, als sie von Odin zu Gylfe, König in Schweden, gesandt ward, ihn um Land zu bitten, und der König ihr wegen ihres schönen Gesanges ungefordert so viel Land versprach, als sie in einem Tage und einer Nacht würde umpflügen können, nahm sie vier mächtig starke Stiere, ihre Söhne von einem Riesen, spannte sie vor einen Pflug, und schnitt ein grosses Stück ab, die Insel Seeland, welche weit in's Meer geschoben wurde. Sie ward dafür mit Skiold, dem Sohne Odins, vermählt, und so Stamm-Mutter der dänischen Könige.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 213.
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