Hypsipyle

[263] Hypsipyle (Gr. M.). Die Argonauten kamen unter Jasons Anführung auf die Insel Lemnos, die damals gerade ohne Männer war und von einer Königin, H., des Thoas Tochter, beherrscht wurde. Diess war so zugegangen: die Weiber auf Lemnos hatten Venus mit Geringschätzung behandelt und wurden dafür von dieser mit einem üblen Geruche bestraft. Die Ehemänner der Lemnierinnen fanden sich dadurch veranlasst, Mädchen aus dem benachbarten Thracien gefangen hinwegzuführen und die eigenen Frauen zu vernachlässigen, worauf diese den Entschluss fassten, alle Männer in einer Nacht zu ermorden. Das geschah auch, nur die einzige H. schonte ihres alten Vaters, und rettete ihn durch die Flucht. Während dieses Weiberregiments landeten die Argonauten dort und hielten sich so lange auf, dass Hercules erst nach mehr als einem Jahre, besorgt, jene würden durch Schwelgerei allen männlichen Muth verlieren, sie davon trieb; aber H. war unterdessen durch Jason Mutter von zwei Knaben, Euneus und Nebrophonus, geworden: soweit Apollodor. Andere Schriftsteller verfolgen die Sage weiter. H. ward verrathen, und, weil sie ihres Vaters geschont, vertrieben; sie soll nun zu dem arcadischen König Lycurgus gekommen und die Amme von dessen Sohn, Opheltes, geworden sein. Als Adrast mit den sieben Helden nach Theben zog, zeigte sie ihnen eine Quelle; doch während diess geschah, ward das zurückgelassene Kind, Opheltes, durch eine Schlange getödtet. Die Helden nahmen diess für ein sehr übles Zeichen, hielten dem Knaben unter dem Namen Archemorus, der Erstgestorbene (d.h. in diesem Kriege), Leichenspiele, des Opheltes Mutter aber war durch diese Ehre über den Verlust ihres Sohnes nicht getröstet; sie liess die unglückliche Königin in einen Kerker werfen, und gedachte sie grausam zu bestrafen, als deren Söhne kamen, die Mutter zu befreien.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 263.
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