Irmin

[281] Irmin, Irmensäule, Irminsul etc. (Germ. M.). Es scheint, dass I. ein Hauptgott der alten Sachsen gewesen. Zu Eresburg, jetzt Stadtbergen an der Dimel, soll die berühmte Säule, welche von ihm den Namen trägt, gestanden haben, und von Karl dem Grossen 772, Anfangs der Sachsenkriege, zerstört worden sein. Es ist schwer zu entscheiden, ob das Denkmal eine Bildsäule, ein Götzenbild gewesen oder nicht; nach Einigen war es ein Ort, ein Hain, Irminsul genannt, nach Anderen ein freier, gewaltiger, hochstrebender Baum; die wahrscheinlichste Meinung scheint übrigens die, dass es wirklich eine Säule mit dem Bilde des Landesgottes, und dass ihre Zerstörung eben desshalb nöthig gewesen, weil die Völker gar lange an ihrer alten angeerbten Liebe zu den heimischen Göttern hängen. - Kraft, Muth, Krieg und Sieg ging den germanischen Völkern über Alles, weil ihre Existenz davon abhing; daher kann es wohl sein, dass I. der Kriegsgott war. Witekind nennt ihn den Mars der Sachsen, und seinen Sitz auch wohl Marsburg; v. d. Hagen zeigt, dass zwischen I. und Wodan, Mars und Thuiskon, schwerlich ein anderer Unterschied gewesen, als etwa die Form, in der sich jedes Volk seinen Gott der Schlachten vorgestellt hat. Auch andere Spuren der Verehrung eines Gottes oder Halbgottes I. bei den alten Sachsen finden sich noch; von der Säule aber ist gewiss nirgends eine Spur vorhanden, und jene sogenannte Irmensäule, welche man den Fremden in dem Dome zu Hildesheim zeigt, ist nichts mehr und nichts weniger, als ein Leuchter.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 281.
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