Trauung

*1. Eine ehrliche Trauung bekommen. (Niederlausitz.)

Eine »ehrliche Trauung« bekommt hier ein Brautpaar, wenn der Bräutigam noch das Prädicat »Junggesell«, die Braut das entsprechende »Jungfer« besitzt, auch wol noch, wenn nur nachweisbar die Braut noch nicht geboren hat. Die Auszeichnung einer ehrlichen Trauung besteht darin, dass Braut und Bräutigam einen Myrtenkranz auf dem Kopfe tragen; die Braut einen grossen, den Kopf fast umfassenden, der Bräutigam einen kleinen, von etwa 2 Zoll Durchmesser, welcher auf dem Scheitelpunkte des Kopfes befestigt ist, und von dem kleine, wenige Zoll lange, grünseidene Fäden herunterhängen. Ausserdem bekommt solches Paar Geläut mit der grossen Glocke, sobald es aus dem Hause tritt. Ist das »ehrliche Paar« aus einem eingepfarrten Dorfe, so wartet es am Eingange des Dorfes mit den Begleitgästen. Der Trauschmann meldet die Ankunft desselben dem Pfarrer und Küster, vorauf das Geläut beginnt und so lange fortgesetzt wird, bis das Brautpaar vor dem Altar steht. Der Trauschmann ist hierorts ein junger Mann, Bursche, Trauzeuge, ein Freund des Bräutigams. Er hat sämmtliche Bedienung des Bräutigams am Trautage zu besorgen. Die Trauschke ist hier die Traujungfer, Trauzeugin, eine Schwester oder Freundin der Braut, deren Bedienung sie am Trautage zu besorgen hat. Trauschmann und Trauschke stehen am Traualtar dicht unmittelbar hinter dem Brautpaar, gleichsam wie ein zweites zu trauendes Paar. Der Trauschmann trägt an dem Tage einen Degen. Trauschmann und Trauschke bleiben während der Hochzeitstage im Trauhause über Nacht und schlafen beide in und unter demselben Bett, mit dem man Staat zu machen sucht. Die Trauschleute haben einmal ein schönes Bett, hört man sagen. Gewöhnlich wählt man nun wol junge Leute, die Neigung füreinander haben, oder die man zusammen zu bringen wünscht, dazu aus. Das Kirchspiel, dem diese Schilderung angehört, heisst das »alte Land«. Es besteht aus den Dörfern Nieder-Jeser, Datten und Zeuchel. Die Bewohner heissen Altländer. Früher hatte die Bezeichnung »altes Land« eine viel weitere Bedeutung. (Vgl. darüber Berghaus, Handbuch der Provinz Brandenburg.)


*2. Nach der Trauung.

Das polnische Sprichwort: Po Chupie pocałujm nie w dupie hat den Sinn unsers Ellenbogen 6. Man will damit sagen: Nach dem Abschluss eines Geschäfts kann man andere Saiten aufziehen, eine andere Sprache führen, als vor dem. Hat man z.B. einem Bräutigam eine Mitgift versprochen, die zu geben man nicht gewillt ist, so erhält er von seinem Schwiegervater die [1299] obigen Worte anstatt der verheissenen Summe. Wahrscheinlich ist das po Chupie das im jüdischen Kreise übliche Sprichwort verderbt aus dem Polnischen po kupie = nach dem Kaufe.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867, Sp. 1299-1300.
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