Abenteuer, das

[26] Das Abenteuer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Ein ungefährer Zufall, woran das Glück mehr Theil hat, als der Vorbedacht. In dieser Bedeutung ist das Wort noch bey den Handwerkern üblich, wo Abenteuer erwarten, oder sein Handwerk auf Abenteuer treiben, so viel heißt, als auf bestellte Arbeit warten, ingleichen Arbeit auf den Kauf verfertigen. In beyden Fällen bedeutet es so viel, als auf gut Glück arbeiten. 2) Ein seltsamer, wunderbarer oder gefährlicher Zufall, doch mehrentheils nur noch in scherzhaftem und verächtlichem Sinne. Ein Abenteuer wagen. Ein Abenteuer bestehen, jetzt nur noch im Scherze, eine gefährliche, oder seltsame Handlung unternehmen. Auf Abenteuer ausgehen, eine lächerliche, mißliche Sache unternehmen

Anm. 1. Ehedem bedeutete Abenteuer auch, 1) eine herzhafte, männliche That; in welcher Bedeutung es sehr oft im Theuerdank vorkommt. Z.B. Kap. 115.


Darumb sol ein yeder Man

Sich kheiner abenthewer understan

Aus Hochfart und eyteler eer.


Und Kap. 57.


Noch so wil ich mein abenthewer

Versuchen gegen dem Held werth.


Ingleichen die Erzählung einer wunderbaren Begebenheit. Conrad von Würzburg nennet sein Gedicht von Troja, eine Aventure. Der häufige Gebrauch, den die alten Romanenschreiber von diesem Worte machten, hat ihm endlich einen verächtlichen Nebenbegriff gegeben. 2) Die Begebung in die Gefahr eines Verlustes, und diese Gefahr selbst. So heißt es z.B. in der Würtenbergischen Landesordnung Tit. II: so wird er darum seine Abentheuer und Gefahr stehen müssen. Und in einer Sächsischen Verordnung von 1482 wird gesaget, daß man den Gastwirthen für ihre Sorge, Abenteuer und Mühe einen ziemlichen Gewinn gönnen sollte. 3) Eine seltsame, wunderbare Erscheinung. So heißt bey dem Opitz Ebentheuer so viel als ein Wunderthier, und Gryphius nennt die Irrlichter ein Abenteuer der Nacht. Noch einige andere gleichfalls veraltete Bedeutungen führet Frisch. h. v. an.

2. Abenteuer, in der Oberd. Mundart um 1377 Aventäwer, Nieders. Eventür, Dän. Eventyr und Aventyr, Schwed. Äfwentyr, beym Verel. Aefintyr, kommt seit mehrern Jahrhunderten in den Deutschen und Nordischen Mundarten vor. Die Abstammung dieses Wortes hat die Sprachforscher von jeher sehr gemartert und sie oft auf abenteuerliche Muthmaßungen geführet, wovon man die vornehmsten beym Ihre angeführet findet. Wachter nimmt für drey verschiedene Bedeutungen dieses Wortes auch drey verschiedene Ableitungen an. Wenn er es in der Bedeutung einer tapfern That von dem Goth. Aba, ein Mann, und dürren, wagen, herleitet: so scheint ihm das zu Statten zu kommen, daß im Theuerdank und dessen Zeitgenossen theuer und theuerlich beständig so viel als tapfer, und eine theuerliche Gethat, so viel als eine herzhafte That bedeuten. Allein Herr Ihre zeigt v. Äfwentyr, daß Wachter in Ansehung des Aba sehr unrecht daran ist. Das natürlichste ist also wohl, daß man es von dem Franz. Avanture, und dieß von dem Lat. Adventus oder Eventus herleitet, wovon adventura, eventura, adventurarius, eventurare u.s.f. im mitlern Lateine in allen obigen Bedeutungen häufig[26] vorkommen. Dadurch läßt sich alsdann auch die Schreibart Ebenteuer rechtfertigen, welche in einigen Mundarten gewöhnlich ist. Allein das th, welches gemeiniglich in der dritten Sylbe geschrieben wird, läßt sich mit nichts vertheidigen. In den mitlern Zeiten sagte man bald die Abenteuer, bald das Abenteuer, und in Oberdeutschland ist es noch mehrentheils weiblichen Geschlechts; vermuthlich nach dem Muster des Franz. Avanture. Das Verbum abenteuern, wagen, sich mit jemanden abenteuern, mit ihm kämpfen, u.s.f. ist in der Hochdeutschen Mundart veraltet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 26-27.
Lizenz:
Faksimiles:
26 | 27
Kategorien: