Ablaß, der

[63] Der Ablaß, des -sses, plur. -ässe. 1) Die Handlung des Ablassens eines flüssigen Körpers; ohne Plural. Der Ablaß des Wassers in einem Teiche. Der Ablaß eines Teiches. Ohne Ablaß, besser ohne abzulassen, oder unablässig. 2) Der Ort, durch welchen das Wasser abgelassen wird, im Gegensatze des Einlasses. 3) In der Römischen Kirche eigentlich die Erlassung oder Milderung der kirchlichen Strafe der Sünde, Indulgenz; ob es gleich auch sehr häufig von der Vergebung der Sünde selbst gebraucht worden, und zum Theil noch jetzt gebraucht wird. Ablaß geben, ertheilen, bekommen, predigen. Daher der Ablaßbrief, diejenige Urkunde, worin dieser Ablaß ertheilet wird; der Ablaßprediger, der den Ablaß bey feyerlichen Gelegenheiten öffentlich verkündiget; das Ablaßjahr, ein Jubeljahr, dessen Feyer in Rom mit vorzüglichem Ablasse versehen ist; die Ablaßkirche, eine Kirche, welche mit vorzüglichem Ablasse versehen ist; der Ablaßkram, der unerlaubte Handel mit dem Ablasse; der Ablaßkrämer, der ihn treibt; die Ablaßwoche, die Frohnleichnamswoche, u.s.f. 4) Weil in der Römischen Kirche gewisse Tage, z.B. die Kirchweihe mit vorzüglichen Ablässen versehen sind, so werden an verschiedenen Orten auch die an solchen Tagen angestellten weltlichen Feyerlichkeiten Ablaß genannt. So heißt z.B. zu Grünstadt in Thüringen der Jahrmarkt der Ablaß, und auf vielen Dörfern werden die ländlichen Feste, welche nach der Ernte und gemeiniglich bey der Kirchweihe angestellet werden, auch Ablässe genannt.

Anm. Ablaß von der Vergebung der Sünde gebraucht, ist ein altes Wort, welches bey unsern ältesten Schriftstellern vorkommt. Ablazi, Ottfr. Dar du mir ablaz hebest, in tempore misericordiae, Notk. Ps. 118, 149. Goth. Ableta und Schwed. Ablata. Antlaß, gleichsame Entlaß, bedeutet in der Alemannischen Mundart eben dasselbe. Antlaz, Kero; Antlaz funton, Vergebung der Sünden, Notk. ein Wort, welches noch jetzt in Oberdeutschland üblich ist, wo der Frohnleichnamstag auch der Antlaßtag, die Woche, worein derselbe fällt, die Antlaßwoche, und der grüne Donnerstag der Antlaßpfingsttag genannt wird; weil diese Zeiten vorzüglich mit Ablaß versehen sind.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 63.
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