Berufen

[887] Berufen, verb. irreg. act. S. Rufen. 1) Zu etwas rufen. Jemanden zu sich berufen, so fern solches schriftlich oder mittelbarer Weise geschiehet. Am häufigsten in engerer Bedeutung, zu einem Amte förmlich rufen oder einladen, besonders zu einem kirchlichen Amte. Jemanden zu einem Pfarrdienste, zu einem Schuldienste berufen. Daher das Berufungsrecht, das Jus patronatus. Ingleichen im theologischen Verstande, da von Gott gesagt wird, er berufe die Menschen, wenn er ihnen die Mittel zur Besserung bekannt machen lässet. Welche er aber verordnet hat, die hat er auch berufen u.s.f. Röm. 8, 30. 2) Zusammen rufen, im gemeinen Leben. Die Gemeine berufen. 3) Mit Worten bezaubern, in der Naturlehre des Pöbels. Jemanden berufen, in Obersachsen beschreyen. Das Kind ist berufen. 4) Sich auf etwas berufen, dasselbe als einen Beweis, als ein Zeugniß u.s.f. anführen. Er berief sich auf mich, führete mich zum Zeugen an. Sich auf seine Unschuld berufen. Gegen Sterbliche können wir uns auf die Unsterblichen berufen, gegen die Welt auf ihren Schöpfer, Dusch. In engerer Bedeutung hieß, sich auf jemanden berufen, in den Gerichten ehedem auch so viel als an denselben appelliren, Apostelg. 25, 11; Kap. 26, 32; Kap. 28, 19, welcher Gebrauch aber im Hochdeutschen sehr ungewöhnlich geworden ist.

So auch die Berufung, in allen obigen Bedeutungen. Das Substantiv der Berufer, welches Röm. 9, 12 vorkommt, ist ungebräuchlich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 887.
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