Blut, das

[1090] Das Blut, des -es, plur. car. der rothe flüssige Theil in den thierischen Körpern, der seinen Umlauf, so lange das Geschöpf lebt, in den Adern hat, und aus welchem alle übrige Säfte der thierischen Haushaltung entspringen.

1. Eigentlich. Dickes, flüssiges Blut. Blut auswerfen; in niedrigen Ausdrücken, Blut speyen. Blut lassen, durch eine künstliche Öffnung einer Ader es abfließen lassen, zur Ader lassen. Das Blut wallt, wenn es stärker umläuft als gewöhnlich. Die Wallung des Bluts. Wie Milch und Blut aussehen, eine frische, lebhafte Gesichtsfarbe haben. Das Blut stieg mir in das Gesicht, vor Scham, Unwillen u.s.f. Nur nicht erstochen, denn ich kann kein Blut sehen, Weiße. In seinem Blute liegen. Es ist kein Tropfen Blutes an ihm, es ist kein guter Tropfen Blutes in ihm, er ist völlig verderbt, so wohl im physischen als moralischen Verstande. Seine Hände mit Blut besudeln, beflecken, figürlich, sich eines Mordes schuldig machen. Unschuldiges Blut vergießen. Es ist in diesem Kriege viel Blut vergossen worden, es sind viele Menschen darin umgekommen. Der Sieg hat viel Blut gekostet. Nach Blut dürsten,[1090] in der höhern Schreibart, grausam seyn. Cäsar dürstete nicht nach Blut, und wollte lieber verzeihen als siegen. Blut und Leben für jemanden wagen, aufsetzen. Einen bis auf das Blut aussaugen, figürlich, ihn unter dem Scheine des Rechtes nach und nach alles des Seinigen berauben. Er handelt allemahl bis aufs Blut, er dinget auf das genaueste. S. auch Geblüt.

2. Figürlich. 1) Der Fluß des Blutes, doch nur in der Redensart, das Blut stillen, den Fluß des Blutes. Blutstillende Mittel. 2) In Verbindung mit dem Worte Schweiß, mühsame Arbeit und die dadurch erworbene Nothdurst. Der Armen Schweiß und Blut an sich reißen. Es ist mein Schweiß und Blut, daßjenige, was ich mir durch saure Arbeit erworben habe. Dahin gehöret auch die biblische R.A. Die ihr Zion mit Blut banet, und Jerusalem mit Unrecht, Micha 3, 10. 3) Der zur Fortpflanzung seines Geschlechtes nöthige flüssige Körper, weil man ehedem glaubte, daß er aus dem Blute abgeschieden würde. Von einem Blute kommt aller Menschen Geschlecht, Apostelg. 17, 26. Noch mehr aber nach einer noch weitern Figur, 4) nahe Verwandtschaft, und die aus derselben entspringende natürliche Verbindlichkeit. Er ist durch die Bande des Blutes mit mir verbunden. Dazu gehöret keine Tugend, einer Person etwas zu gönnen, für welche das Blut in mir spricht, Gell.


Wenn du die starken Triebe des Blutes je gefühlt,

Wenn du ein Vater bist.


S. Blutsfreund, Blutsfreundschaft. 5) * Der ganze Umfang der sinnlichen Triebe und deren ungeordnete Beschaffenheit, in Verbindung mit dem Worte Fleisch, doch nur in der biblischen Schreibart. Fleisch und Blut kann das Reich Gottes nicht ererben, 1 Cor. 15, 50. Sich nicht mit Fleisch und Blut besprechen, Cal. 1, 16. Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, Ephes. 6, 12. Auch wohl natürlichen Kräfte des Verstandes. Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbaret, Matth. 16, 17. 6) Das Leben der Menschen, weil das Blut einen wesentlichen Theil desselben ausmacht. Mit seinem Blute ist mir nicht gedient. Gut und Blut bey jemanden, oder für jemanden aufsetzen. 7) Ein gewaltsamer Tod. Die Gerechtigkeit fordert dein Blut. Seine Rache konnte nur durch Blut befriediget werden. Die Stimme deines Bruders Blut schreyet zu mir von der Erden, 1 Mos. 4, 11. Der soll des Bluts schuldig seyn, 3 Mos. 17, 4; 4 Mos. 35, 27. Der Rächer des Bluts, 4 Mos. 35, 19, 21, 24. S. Bluträcher. Ingleichen das dadurch begangene Verbrechen, besonders in einigen biblischen Stellen. Unschuldig Blut auf sich laden, 5 Mos. 22, 8. Sein Blut sey auf ihm, 3 Mos. 20, 9, 11; Jos. 2, 19. Rechne uns nicht zu unschuldig Blut, Jon. 1, 14. S. Blutschuld. 8) Der verdienstliche Tod Christi, das dadurch vollbrachte Versöhnungswerk, und dessen Verdienstlichkeit, gleichfalls nur in der biblischen Schreibart. Ingleichen dessen körperliches Erinnerungsmittel, der Wein in dem heil. Abendmahle. 9) Die Person oder der Mensch selbst, doch nur in einigen niedrigen Ausdrücken. Ein junges Blut. Ein liederliches Blut.

Anm. Blut lautet bey dem Ulphilas bloth, bey dem Ottfr. bluat, im Nieders. Blood, im Dän. und Schwed. Blod, im Engl. Blood. Herr Ihre lässet es entweder von flod, fließen, oder von dem Griech. βλυειν, hervor quellen, abstammen. Allein es gehöret unstreitig zu blühen, welches ursprünglich, durch eine lebhafte Farbe, dergleichen die rothe ist, sichtbar werden, bedeutet. Ottfried und andere alte Schriftsteller schreiben Blut und Blüthe auf einerley Art bluot und bluat. Erploten bedeutet in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter erröthen, und das Wort Blüthe wird noch jetzt von einigen für den monathlichen[1091] Blutfluß des andern Geschlechtes gebraucht. Die Bergleute, bey welchen sich noch so viele Wörter in ihrer ersten Bedeutung erhalten haben, sagen noch jetzt von dem rothgüldenen Erze, wenn es eine hochrothe Farbe hat, daß es blute. S. auch Blöde, Blühen und Blüthe. Der Hebräische Nahme des Blutes דם ist gleichfalls von אדם, roth seyn, hergenommen. Die Schlesische Mundart spricht dieses Wort sehr kurz aus, Blutt, und Gryphius schreibt es sogar so. Ehedem wurde das Blut auch Verich, Verh, Färch, genannt, wovon Pez und Haltaus in ihren Glossar, nachgesehen werden können. Die Jäger gebrauchen für Blut die Ausdrücke Fasch, Faisch, Fährte und Schweiß, einige andere Lebensarten aber Farbe. S. diese Wörter. Der Verfasser des alten Gedichtes auf den heil. Anno gebraucht V. 230, Pluot, und Tatian Kap. 56, Blaustar für Opfer. In den nördlichern Mundarten ist diese Bedeutung noch häufiger. S. Ihre Glossar. v. Blota. In einigen im gemeinen Leben üblichen Zusammensetzungen bedeutet Blut so viel als sehr; wie in blutarm, blutjung, blutsauer, blutfremd, u.s.f. Im Niedersächsischen ist es in verschiedenen Zusammensetzungen zugleich eine Art eines Scheltwortes. Ein Blutjunge, ein arger leichtfertiger Junge, ein Blutschelm, ein arger Schelm, eine Bluthure u.s.f. Beyde Arten des Gebrauches, die sonst keinen begreiflichen Verstand haben würden, lassen sich aus der ersten eigentlichen Bedeutung dieses Wortes sehr ungezwungen erklären, indem es alsdann eine jede Sache oder Eigenschaft bedeutet, welche sehr merklich in die Augen fällt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1090-1092.
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