Geyer (2), der

[676] 2. Der Geyer, des -s, plur. ut nom. sing. 1) Eine Benennung verschiedener großen Raubvögel. So werden der Mausefalk, der Wannenweher, der Taubenfalk, der Baumfalk, eine Art Wasserschwalben, welche sich von dem Gewürme nähren u.a.m. selbst bey den Jägern und Vogelstellern sehr häufig mit dem Nahmen der Geyer belegt. 2) In engerer und richtigerer Bedeutung führet diesen Nahmen eine Art größerer Vögel mit vier bloßen Zehen, welche Klein zu den Habichten in weiterer Bedeutung rechnet, und welche sich durch ihren mehr wasser- als senkrechten Körper, durch die kürzern und gekrümmten Füße und Schenkel, durch die größere Menge von Flaumfedern, durch den großen und weiten Kropf, vornehmlich aber durch ihren Aufenthalt bey den Äsern, und durch die gerade Gestalt des Schnabels bey der Wurzel, der sich erst am Ende in einen Haken krümmet, von den Adlern, Falken und andern Raubvögeln unterscheidet; Vultur Klein. nach welchem nur der Goldgeyer, der Hasengeyer oder Gänseaar, der Braungeyer oder Fischaar, der graue Geyer, der Hühneraar, der Geyeradler, der Kahlkopf, der Greifgeyer und der Kuttengeyer zu diesem Geschlechte gerechnet werden. S. diese Wörter, ingleichen Weihe. 3) Im gemeinen Leben, eine verdeckte Benennung des Teufels. Ich wollte, daß ihn der Geyer hohlte! Was, Geyer, ficht ihn an? Der Geyer! sie nehmen die Sache sehr genau.

Anm. Ehedem Kir, Gyr, Gire, im mittlern Lat. Gira, im Engl. Geir, welches mit dem Griech. γεραικι und ἱεραξ sehr genau überein kommt. Gemeiniglich leitet man dieses Wort von gier, gierig, ab, weil diese Art der Raubvögel nicht nur auf ihren Raub sehr gierig, sondern auch sehr gefräßig ist, so wie das Lat. Vultur von velle abstammen soll. Allein da sie diese Eigenschaft mit allen größern Raubvögeln gemein haben, und das Geschrey einiger derjenigen Vögel, welche im gemeinen Leben mit dem Nahmen der Geyer beleget werden, sehr deutlich gä, gä, lautet, (S. Geyerschlag,) so stehet es dahin, ob der Grund der Benennung nicht vielmehr in diesem Laute zu suchen ist. Das Griech. ἱεραξ wird indessen gleichfalls von ἱεμαι, ich begehre, abgeleitet, wohin auch die Dänische und Schwedische Benennung dieses Vogels, Gam, Isländ. Gammur, zu gehören scheinet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 676.
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