Kamm (3), der

[1477] 3. Der Kamm, des -es, plur. die Kämme, ein sehr altes Wort, welches den obersten Theil eines Dinges bezeichnet, besonders wenn derselbe zugleich eine beträchtliche Länge hat. Es ist nur in einigen einzelnen Fällen üblich. 1. Eine natürliche Erhöhung der Erdfläche, ein in die Länge sich erstreckender Hügel, der oberste Theil eines Gebirges, ist noch in vielen Gegenden Ober- und Niederdeutschlandes unter dem Nahmen Kamm bekannt, wohin auch die eigenthümlichen zusammen gesetzten Nahmen mancher Berge und Gebirge gehören; der Hahnenkamm u.s.f. 2. Eine künstliche Erhöhung der Erdfläche, ein Haufen, u.s.f. noch in einigen Fällen. So heißt die oberste Fläche eines Deiches, welche sonst die Kappe genannt wird, in Niedersachsen auch der Kamm. Eben daselbst ist der Kamm auch ein kleiner Wasserdamm, welcher in dem Grunde eines Püttwerkes stehen bleibet. Im Forstwesen einiger Gegenden wird das niedergehauene und in eine lange Reihe gelegte Buschholz, welches sonst auch ein Jahn, eine Zahl heißt, in einigen Gegenden ein Kamm genannt. 3. An den Thieren, verschiedene Erhöhungen oder Obertheile derselben. 1) An den Pferden, und zuweilen auch an dem Rindviehe, ist es der obere Theil des Halses, worauf bey den erstern die Mähne wächset. S. Kammfett. Stryker nennet die Mähne eines Löwen Champ. Bey den Fleischern wird daher auch ein Stück Fleisch, welches aus dem Halse eines Rindes zwischen dem Nacken und Buge gehauen wird, der Kamm genannt. 2) An einigen Arten des Geflügels, besonders an den Hühnern, ein fleischiger gemeiniglich rother in die Länge gehender und gekerbter Auswuchs auf dem Kopfe. 3) In den niedrigen Sprecharten ist der Kammhaken, das Genick an dem menschlichen Körper. Eben daselbst sagt man auch figürlich, jemand über den Kamm hauen, ihn hart anfahren; ingleichen, der Kamm wird ihm roth, wenn jemand vor Zorn, oder von vielem Trinken eine rothe Nase bekommt. 4) An den Austern ist der Kamm oder Wirbel ein harter Theil im innern der Schale, welcher nicht wohl zu essen ist. 4. Der obere oder hervor stehende Theil an verschiedenen künstlichen Dingen. Der hervor stehende Theil an einem Schlüssel, der Bart, führet in vielen Gegenden den Nahmen des Kammes. Der oberste hervor ragende Theil[1477] eines Helmes hieß ehedem der Helmkamm, Angels. Helmes Camp. Im Schwed. ist Kam der Giebel oder Gipfel eines Hauses. Anderer Fälle zu geschweigen.

Anm. Das Geschlecht dieses Wortes ist groß, selbst in den auswärtigen Sprachen. Das Lat. Coma, und Griech. κομƞ, das Lat. Diminut. Cumulus, das Franz. Cime, Comble, das mittlere Lat. Camba, ein Thurm, hundert anderer zu geschweigen, sind genau damit verwandt. S. Keim, Kahm und Kimme. Wenn man bedenkt, daß dieses Wort ehedem, und noch in einigen Gegenden Kamp lautet, und daß das m sich so gern zu den Lippenbuchstaben gesellet, so wird man auch die Verwandtschaft mit Koppe, Kopf, Giebel, Gipfel u.s.f. einräumen, in welchen Wörtern insgesammt der Begriff der Höhe oder der Hervorragung der herrschende ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1477-1478.
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