Lassen (1)

[1911] 1. Lassen, verb. irreg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, ich lasse, du lässest, er lässet, oder läßt; Imperf. ich ließ; Mittelw. gelassen; eine äußere Gestalt haben, mit deren Bestimmung, auf diese oder jene Art in die Augen fallen; doch nur als ein unpersönliches Zeitwort, oder doch nur in der dritten Endung. Das läßt schön, stehet schön, läßt sich mit Vergnügen ansehen. Das würde sehr possierlich lassen, ein sehr possierliches Ansehen haben. Das läßt nicht für meinen Stand, schicket sich nicht für ihn. Es läßt, als wenn es regnen wollte, es scheinet, hat das Ansehen, S. Anlassen. Ich möchte doch sehen, wie es dir läßt, wenn du verzweifelst. Das läßt ihm sehr natürlich. Aber für mich läßt es ganz wirthschaftlich, Gell. Auch selbst der Zorn läßt ihr noch schön. Wie läßt das? was hat das für ein Ansehen? Ingleichen elliptisch, für gut lassen, in der vertraulichen Sprechart. Das läßt ja nicht.

Anm. Im Nieders. laten, wo auch Gelaat das äußere Ansehen, die Gestalt ist, bey den Schwäbischen Dichtern Gelesse. Man könnte dieses Zeitwort als einen elliptischen Gebrauch des[1911] folgenden lassen, sinere, ansehen, und es durch sich sehen lassen erklären, zumahl da es mit demselben auf einerley Art abgewandelt wird. Allein es ist wahrscheinlicher, daß es von demselben ganz verschieden ist, und mit der letzten Hälfte des Wortes Antlitz, zu gleißen, Licht, Glas u.s.f. gehöret. Im Schwed. ist lita, im Angels. wlitan, sehen. In den verwandten Sprachen findet sich von diesem Neutro auch das reciproke Activum, sich stellen, Engl. to leeten, Isländ. laeta, Schwed. låtas,, låtsa, welches Ihre von Lat, Later, die Geberden, ableitet, ungeachtet beyde zu dem bereits angeführten gemeinschaftlichen Stamme gehören.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1911-1912.
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