Lassen

[212] Lassen, 1) Christian, Begründer der ind. Altertumswissenschaft, geb. 22. Okt. 1800 zu Bergen in Norwegen, gest. 9. Mai 1876 in Bonn, studierte in Christiania, dann in Heidelberg und Bonn, wo er, durch A. W. v. Schlegel den indischen Studien zugeführt, in den Genuß eines Stipendiums zu einem zweijährigen Aufenthalt in Paris und London gesetzt wurde. Hier legte L. Sammlungen aus der indischen Literatur an, die Grundlage seiner spätern Publikationen. Mit Burnouf zusammen ging er an die Erforschung des noch ganz unbekannten Pâli (s. d.) und veröffentlichte 1826 mit ihm seinen »Essai sur le Pâli«. Zurückgekehrt, habilitierte er sich 1827 in Bonn, wurde 1830 zum außerordentlichen, 1840 zum ordentlichen Professor der altindischen Literatur ernannt und entwickelte jahrzehntelang die anregendste Lehrtätigkeit, bis ihm zunehmende Augenschwäche und schließlich völlige Erblindung ein Ziel setzte. Mit A. W. v. Schlegel gab L. die Fabelsammlung »Hitopadesa« (Bonn 1829–31, 2 Bde.) heraus. Durch Colebrookes Arbeiten angeregt, unternahm er das schwierige Studium der bedeutendern Werke der indischen Philosophie und veröffentlichte in dem »Gymnosophista« (Bonn 1832) ein kurzes indisches Lehrgedicht über die sogen. Sānkhyaphilosophie. Später lieferte er eine Ausgabe und lateinische Übersetzung des berühmten, von Rückert übertragenen Gedichts »Gîtagovinda« von Dschayadewa (Bonn 1837) und eine neue Ausgabe von Schlegels »Edition du Bhagavad-Gîtâ« (das. 1846). 1828 erschien die »Anthologia sanscrita« (Bonn, neu bearbeitet von Gildemeister, 2. Aufl., das. 1868). Ein Musterwerk von Fleiß und Scharfsinn sind seine »Institutiones linguae pracriticae« (Bonn 1837), eine vergleichende Grammatik der im indischen Drama gebrauchten Tochtersprachen des Sanskrits. Auch zur Erklärung der Eugubinischen Tafeln und der altpersischen Keilinschriften hat er einiges beigetragen. Ein Werk emsigen Fleißes ist die Abhandlung »Zur Geschichte der griechischen und indo-skythischen Könige in Bakterien, Kabul und Indien« (Bonn 1838). Sein Hauptwerk aber, worin er auf dem Gebiete der indischen Forschung bahnbrechend wurde und unerreicht blieb, ist die »Indische Altertumskunde« (Bonn 1844–61, 4 Bde.; Bd. 1 u. 2 in vermehrter Auflage, 1867 u. 1874), die sich als den Inbegriff alles bis dahin erreichten antiquarischen Wissens über Indien darstellt. Außerdem hat L. zu der »Indischen Bibliothek« A. W. v. Schlegels, dem »Rheinischen Museum« und der »Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes« viele Beiträge geliefert.

2) Eduard, Komponist, geb. 13. April 1830 in Kopenhagen, gest. 15. Jan. 1904 in Weimar, erhielt seine musikalische Ausbildung auf dem Konservatorium in Brüssel, wohin seine Familie übergesiedelt war, gewann 1851 den Römerpreis und studierte nun auch in Deutschland und Italien. 1857 wurde seine Oper »Landgraf Ludwigs Brautfahrt« in Weimar ausgeführt, wo er im folgenden Jahr als Hofmusikdirektor, 1861 aber nach Liszts Rücktritt als Hofkapellmeister angestellt wurde. 1895 trat er in den Ruhestand. Von seinen Kompositionen sind noch hervorzuheben: die Opern »Frauenlob« (Weimar 1860) und »Le Captif« (Brüssel 1868), zwei Symphonien, Charakterbilder für Orchester zu Hebbels »Nibelungen«, Chöre mit Orchester zu Sophokles' »König Ödipus«, Musik zu Goethes »Faust«, zu Calderons »Über allen Zauber Liebe« u.a., »Biblische Bilder« (für Gesangssoli und Instrumente), mehrere Ouvertüren und beliebt gewordene ein- und mehrstimmige Lieder.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 212.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: