Lieben

[2058] Lieben, verb. reg. act. welches, 1. eigentlich, mit der Hand streicheln bedeutet zu haben scheinet. In dieser Bedeutung kommt es noch bey den Jägern vor, welche einen Hund lieben, wenn sie ihn streicheln, und ihn ablieben, wenn sie ihn mit Streicheln von der Fährte weglocken. Alberus in seinem 1540 heraus gegebenen Lexico erkläret das vorige Diminutivum liebeln ausdrücklich durch streicheln, mulcere, palpare. »Den Leithund lieben oder ablieben heißt: der Jäger nimmt den Leithund an sich – streichet mit flacher Hand ihm die Augen brav aus dem Kopf, patschelt oder klopfet ihn sänftiglich an der rechten Seite am Hals und an den Flähmen, fähret ihm mit der Hand sittsam über den Rücken« u.s.f. Carl von Heppe in der praktischen Abhandlung von dem Leithunde S. 7. Bey dem Opitz ist zulieben schmeicheln, und einlieben einschmeicheln. S. die Anmerkung. 2. Figürlich. 1) Liebe zu oder gegen etwas empfinden, im gemeinen Leben lieb haben, in allen drey Bedeutungen des Wortes Liebe. Gott lieben. Ein Kind lieben. Er liebt den Wein gar sehr. Wüßtest du, Phillis, wie sehr mein Herz dich liebt! Salomo liebte viele ausländische Weiber, 1 Kön. 11, 2. Das Mittelwort der vergangenen Zeit wird in der edlern Schreibart auch häufig als ein Hauptwort gebraucht. Ein Geliebter, eine Geliebte, eine geliebte Person; besonders für das niedrigere Liebster und Liebste. 2) Neigung zu einer Veränderung empfinden, etwas gern thun, als ein Neutrum, und nach dem Muster des Französischen aimer; ein in der Deutschen Sprache fremder Gebrauch, welcher sich nur bey einigen Schriftstellern als eine unzeitige Nachahmung des Französischen findet.


Viel Lieben von dem Strand auf einen hinzuschauen,

Der in Gewitters Noth die strenge See muß bauen,

Opitz.


[2058] Schach Gebal war kein kriegerischer Fürst, aber er liebte seine Leibwache schön geputzt zu sehen, Wiel.

Das Hauptwort die Liebung ist nur in den Zusammensetzungen üblich.

Anm. Im Nieders. leeven, im Holländ. lieven, im Angels. lufian, im Engl. to love. Im Krainerischen ist lubem ich liebe, und im Böhm. libati küssen. Um der ersten Bedeutung willen ist es sehr wahrscheinlich, daß es von dem veralteten Laf, die Hand, abstammet, und eigentlich streicheln bedeutet. Die Niedersachsen haben davon noch das Zeitwort leeven, welches nicht nur lieben, sondern auch geben bedeutet, und wovon unser liefern abstammet. S. dasselbe. Ehedem wurde es auch für belieben gebraucht, S. dasselbe. Im Schwed. ist ljufwa sich jemandes Liebe oder Freundschaft erwerben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2058-2059.
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