Nahen

[416] Nahen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt gefunden wird. 1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn und der dritten Endung, nahe kommen. Ther engil imo nahta, Ottfr. So will ich dem Tode genahen, Theuerd. Kap. 67.


Dem Heere so ihr naht, das Vortheil abzurennen,

Opitz.


Im Hochdeutschen ist es in dieser Gestalt ungebräuchlich, obgleich einige neuere Dichter es um des Sylbenmaßes willen, statt des folgenden Reciproci gebraucht haben.


Der König naht dem Schlusse seines Lebens,

Schleg.


Hier nahet schon die Schaar der unverletzten Helden,

ebend.


Doch gebraucht man es noch zuweilen in dieser Gestalt mit dem Nebenworte heran. Das Alter nahet unvermerkt heran. Als die Zeit heran nahete, daß u.s.f. 2) Als ein Reciprocum, in eben dieser Bedeutung; in welcher Gestalt es auch im Hochdeutschen üblich ist, aber doch mehr in der höhern und dichterischen Schreibart gebraucht wird, als in der gewöhnlichern und vertraulichern, in welcher sich nähern gebräuchlicher ist. Wer nahet sich der Thür? Sich einem nahen, ihm nahe kommen. Schon nahen wir uns dem Flusse. Der Tag nahet sich, Ebr. 10, 25. Die Zeit nahet sich, daß u.s.f. Die Sache nahet sich zum Ende, oder nahet sich ihrem Ende. S. Nähern.

Daher das Nahen statt des außer der Zusammensetzung ungewöhnlichen Wortes Nahung.

Anm. Bey dem Ottfried und Notker nahen, im Tatian nalihhen, im Dän. närme, im Schwed. und nåkas. Siehe Nähern.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 416.
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