Nähen

[382] Nähen, mit Hilfe von Nadel und Faden Gewebe befestigen, verbinden oder verzieren und zwar durch Hand- oder Maschinenarbeit. Die bei der Handarbeit benutzte Nähnadel hat am dickern Ende ein Ohr, durch das der Faden hindurchgezogen wird, und beim N. sticht man die Nadel stets vollständig durch das Gewebe hindurch (Unterschied von der Maschinenarbeit). Man unterscheidet Verbindungs- und Ziernaht und den Saum. Erstere dienen dazu, zwei Zeugstücke miteinander zu verbinden, oder zum Schmuck der Stoffe, letzterer die doppelt umgelegte Schnittkante eines Stückes zu befestigen. Zu Naht und Saum verwendet man im wesentlichen dieselben Stiche. Der Vorderstich, ein einfaches Aufnehmen und Liegenlassen weniger Fäden des Gewebes, gibt eine lose Naht, die beim flüchtigen N., bei leichten Stoffen und hauptsächlich zum Kräuseln oder Faltenaufziehen gebraucht wird. Beim N. mit Seiten- oder Saumstichen legt man die eingebogene Schnittkante des einen Stoffteils auf den andern Stoffteil und nimmt nun abwechselnd einige Fäden des untern Stoffes und dann der daraufliegenden Kante auf. Dieser Stich kommt besonders beim Flicken zur Verwendung. Der Hinter- oder Steppstich entsteht, wenn man mit der Nadel auf der Oberseite des Stoffes nach rückwärts bis zum letzten Stiche geht, dicht an demselben durchsticht und auf der Unterseite des Stoffes wieder einige Fäden vorwärts geht. Er gibt die festeste Naht und wird daher hauptsächlich beim Wäschenähen angewendet. Die Flanell- oder Hexennaht gebraucht man zum Nähen und Flicken von Flanell sowie zum Herunternähen umgelegter Teile in tuchähnlichen Stoffen; die holländische, Gegenstich- oder Kreuznaht findet Anwendung zum Flicken in Leinen- und grobem Baumwollenzeug, weil sie dem Gewebe ganz ähnlich ist und nicht eine so scharfe Kante bildet wie die überwendliche Naht. Mit überwendlichen Stichen kann man nur entweder zwei Webekanten oder zwei gesäumte Schnittkanten verbinden. Man legt beide Kanten auseinander und sticht, 1–2 Fäden tief, durch beide hindurch. Bei der Hohlstichnaht werden einige Längsfäden aus dem Stoffe gezogen und die stehenbleibenden Querfäden in Gruppen von je zwei, drei oder mehr geteilt und durch Seitenstiche befestigt. Mit Stiel-, Fischgräten-, Hexen- und Kettenstich werden besonders Verschönerungs- oder Ziernähte ausgeführt. Auch durch Aufnähen von Soutache bildet man letztere (s. auch Stickerei). Aus Nahl und Saum zusammengesetzt sind die französische und die Kappnaht. Bei beiden werden erst zwei Schnittkanten durch Steppstiche miteinander verbunden, dann beide Schnittkanten nach derselben Seite umgebogen, bei der französischen Naht eingebogen und mit Steppstichen, bei der Kappnaht fest eingerollt und mit Saumstichen auf den einen Stoffteil genäht. Vgl. Literatur bei Artikel »Handarbeitsunterricht«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 382.
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