Narbe (2), die

[427] 2. Die Narbe, plur. die -n, Diminut. das Närbchen, Oberd. Närblein, ein Wort, welches ehedem eine Vertiefung in die Länge bedeutet zu haben scheinet, jetzt aber nur noch am häufigsten von dem Überbleibsel einer zugeheilten Wunde gebraucht wird. Eine Narbe im Gesichte haben. Die Wunde hat eine Narbe zurück gelassen. Voller Narben seyn. Pockennarben oder Blatternarben. Ähnliche Vertiefungen auf der äußern Seite des zubereiteten Leders werden gleichfalls Narben genannt, daher die Leder- und Pergamentarbeiter auch die äußere Haut auf den Fellen, und zuweilen auch die ganze auswendige Seite einer Haut, auf welcher die Haare gesessen haben, die Narbe, und in einigen Gegenden den Närben nennen. Die Narbe wegnehmen, oder abnarben, die Oberhaut der Felle verletzen. In den Eyern der Eyer legenden Thiere ist die Narbe ein kleiner weißer Zirkel, in welchem sich das junge Thier entwickelt, so wie die Narbe an den[427] Samen der Gewächse eine Vertiefung der Haut an der Stelle ist, wo der Same in seinem Gehäuse angewachsen war, Hilum L.

Anm. Im Sachsenspiegel Nare, im Niedersächs. Nare und Narve, im Dän. Narv. Andere Sprachen haben dieses Wort nur ohne Anfangs N, wie das Schwed. Arr, das Isländ. Aer, das Nord-Engl. Ar, das Esthländ. Ar, und das Finnländ. Aerpi, alle in der Bedeutung einer Narbe von einer Wunde. Daß es in dieser Gestalt auch in einigen Gegenden Deutschlandes nicht selten seyn müsse, erhellet aus einem 1482 in Augsburg gedruckten Vocabelbuche, wo Cicatrix durch Arbe, Rense oder Mase gegeben wird. Es scheinet von ähren, arare, herzustammen, so fern solches Furchen in die Erde ziehen bedeutet. In der Grafschaft Rietberg nennet man die mit einem besondern Messer, welches das Siebt oder Heidesiebt genannt wird, abgeschnittene Heide, welche der Arbeiter, so wie er sie abschneidet, mit dem Rechen seitwärts schiebet, die Narbe, welches diese Ableitung bestätiget. Dieses Abschneiden selbst wird daselbst narben oder abnarben genannt. Übrigens ist dieses Wort der Hochdeutschen Mundart am geläufigsten, die Nieders. gebraucht dafür Schramme, Lidrecken, Gliedzeichen, Liekreken, Fleischzeichen, und die gemeinen Oberdeutschen Mahlzeichen, Anmahl, Wundenmahl, Mase, bey dem Notker Wuntmale. S. auch Schmarre.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 427-428.
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