Narbe

[423] Narbe (Cicatrix), ein Gewebe, das sich bei der Heilung von Wunden oder Substanzverlusten aller Art bildet. Am ausgeprägtesten zeigt sich der Charakter der N. an der äußern Haut; die N. ist hier anfänglich weich, reich an Gefäßen, daher gerötet; später wird sie fester, trockner, blässer und schließlich zu einer sehr derben, faserigen, gefäßarmen, weißlichen Substanz umgebildet. Das Narbengewebe entwickelt sich bei Wunden aus den Wundrändern, bei Geschwüren etc. aus dem Boden des Substanzverlustes und besteht anfänglich aus weichem Granulationsgewebe und seinen Gefäßen. Letztere gehen aber später zum größten Teil unter, und das weiche, gefäßreiche Bindegewebe schrumpft zu einer derben, gefäßarmen Masse zusammen. Dies bedingt eine Verkleinerung der N. (sogen. Narbenretraktion), die besonders bei der Heilung von großen Geschwürsflächen von größter Bedeutung ist. Man muß daher bei Narbenbildung an der Beugeseite der Glieder diese in gestreckter Lage, bei Narbenbildung an der Streckseite in gebeugter Lage erhalten; denn würde man z. B. bei einer Brandwunde in der Ellbogenbeuge den Unterarm gegen den Oberarm gebeugt halten, so würde die N. durch ihre Retraktion den erstern vollends gegen den Oberarm heranziehen, so daß sich letzterer gar nicht mehr strecken ließe. Eine Geschwulst, die aus Narbengewebe besteht, heißt Keloid (s. d.). – In der Botanik heißt N. (Cicatrix, Stigma) die Bruchstelle eines abgefallenen Blattes an den Zweigen (s. Blattnarbe), dann aber auch das obere, zur Aufnahme des Pollens bestimmte, eigentümlich gebildete Organ des Stempels (s. Blüte, S. 88). – In der Gerberei die natürlichen oder künstlich erzeugten Vertiefungen auf der Außenseite (Narbenseite) des Leders. Die natürlichen Vertiefungen entsprechen den Einstülpungen, in denen die Haarbälge saßen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 423.
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