Rahmen, der

[920] Der Rahmen, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Rähmchen, Oberd. Rähmlein. 1) Eine jede körperliche Ausdehnung in die Länge ohne beträchtliche Breite und Dicke; in welchem Verstande es doch nur in einigen wenigen Fällen üblich ist. Ein Bret bekommt zuweilen noch den Nahmen eines Rahmes oder vielmehr Rahmens. Daher sind im Nieders. Rähmen die Seitenbreter eines Schiffes. Eben daselbst ist der Rahm oder Rähmen ein aufgehangenes Bret in den Kellern und Speisekammern, allerley Eßwaaren darauf zu stellen. Ein Bücherbret wird auch noch in manchen Gegenden ein Bücherrahm genannt. Am Rheinstrome werden die geschwefelten Streifen Leinwand, welche man als einen Einschlag in den Wein hängt, Rähmchen genannt. In einigen Niedersächsischen Gegenden ist die Rähme ein Gürtel. S. Riemen, welches genau damit verwandt ist, und unter andern auch ein Ruder bedeutet. 2) Ein aus solchen Rahmen bestehendes Werk, ein Gestell; doch auch nur noch in einigen Gegenden und Fällen. An einigen Orten nennet man ein jedes Gestell ein Gerähmels oder Gerähms. Des Bücherrahms ist schon gedacht worden. In einigen Gegenden nennen auch die Schuster ihr aus ähnlichen Theilen bestehendes Maß einen Rahm oder Rahmen. 3) In der engsten Bedeutung, die aus Rahmen in der ersten Bedeutung bestehende Einfassung eines Dinges. Daher der Spiegelrahmen, Fensterrahmen, Bilderrahmen, Nähramen, Stickrahmen, Tuchrahmen, Scherrahmen u.s.f. Etwas mit einem Rahmen einfassen. Das Rämchen der Buchdrucker ist ein eiserner mit Papier überzogener Rahmen, den Bogen in dem Deckel fest zu halten; Franz. la Frisquette. Bey den Schustern sind die Rahmen Streifen von Rindsleder, welche um die Brandsohle und den Absatz, und auf beyden Seiten bis an das Oberleder gehen. Bey den Tischlern sind die Rähmen die perpendiculären[920] Einfassungen der Füllungen, die Rahmstücke aber die horizontalen. Der Rahmen an den Stühlen der Seidenweber siehet oben an der Decke des Zimmers als eine Art einer Kette aus, die aus lauter Bindfäden bestehet, welche über zwey Rahmstöcke angeschleifet sind.

Anm. Im Nieders. gleichfalls Rahm, im Angels. Rima, im Engl. Rim, und mit vorgesetztem Blaselaut Frame, im Pohln. Rama, von welchen auch einige einen Rand überhaupt bedeuten. S. Bräme, Krämpe, Rand, Rain, Gränze u.s.f. welche insgesammt damit verwandt sind. In Ansehung der ersten eigentlichen Bedeutung scheinet es zu Rahm, hoch, Höhe, zu gehören, indem der Begriff der Ausdehnung in die Länge in mehrern Fällen eine Figur von dem Begriffe der Höhe ist. S. Riemen. Allem Ansehen nach gehöret hierher auch das im Hochdeutschen veraltete Rahm, ein Zweig, im Schwed. Ram, welches mit dem Lat. Ramus genau überein kommt, ohne eben aus demselben entlehnet zu seyn. Im Wend. ist Ramen der Arm. Bey den Winzern einiger Gegenden werden die Reben auch Rähmen genannt. Daher ist das Rähmen-Lesen eben dieselbe Arbeit in dem Weinberge, welche auch das Reben-Lesen genannt wird. In dem Geschlechte und der Delination dieses Wortes sind die Mundarten nicht einig. In einigen Gegenden ist es weiblichen Geschlechtes, die Rahme oder Rähme, und alsdann nimmt es im Plural ein bloßes n an, die Rahmen oder Rähmen. Andere decliniren es der Rahm, des -es, plur. die -e. Im Hochdeutschen ist die oben angezeigte Form, der Rahmen, die üblichste.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 920-921.
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