Reihe, die

[1050] Die Reihe, plur. die -n, welches in einer doppelter Hauptbedeutung üblich ist.

1. Als ein Concretum. 1) Mehrere in Einer Linie neben einander befindliche Dinge. Eine Reihe Zähne, Bäume, Soldaten, Häuser u.s.f. Den Weg an den Seiten mit zwey Reihen Bäumen bepflanzen. Eine lange Reihe. Eine gerade Reihe. Eine bunte Reihe, eine Reihe von Dingen verschiedener Art, und in engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, eine Reihe Personen, wo Personen männlichen und weiblichen Geschlechtes mit einander abwechseln. Die Soldaten in eine Reihe stellen. Das Glas gehet in der Reihe herum, unter den neben einander befindlichen Personen. Die Reihe schließen, das letzte Individuum in einer Reihe seyn. Die Häuser stehen in Einer Reihe neben einander. In engerer Bedeutung werden mehrere nach Einer Linie neben einander befindliche Worte in manchen Mundarten eine Reihe genannt, eine Reihe schreiben; die man doch im Hochdeutschen lieber eine Zeile nennt. 2) In weiterer Bedeutung wird es oft von einem jeden Ganzen mehrerer neben einander befindlicher oder auf einander folgender Dinge Einer Art gebraucht. Ferne von uns jene schreckliche Moral, welche die Begierde zu gefallen in die Reihe der Laster setzt! Das gehöret nicht mit in die Reihe der Dinge. Kann man mit Zufriedenheit in die Reihe guter Thaten zurück blicken, wenn man da eine Lücke sieht, die so leicht ausgefüllt werden konnte? Hermes.

2. Als ein Abstractum; ohne Plural. 1) Derjenige Zustand, da mehrere Dinge in Einer Linie neben einander befindlich sind. Nach der Reihe sitzen, gehen, trinken, stehen. Die Bäume nach der Reihe setzen. 2) Der Zustand, da mehrere Dinge nach einer bestimmten Ordnung auf einander folgen. Die Reihe ist an mir, trifft mich. Wenn die Reihe an dich kommen wird. Wenn wird die Reihe in unserm Hause mich oder meine Tochter treffen? Gell.

Anm. Im Nieders. Riege, in der Baierischen Mundart mit einem noch härtern Gaumenlaute Reck, im Schwed. Räcka, im Ital. und mittlern Lat. Riga, im Holländ. Ry, Reck, Rang, (S. Rang,) im Franz. Raye, im Schottländ. Rack, und selbst im Persischen Rege. Bey den Latein. Feldmessern bedeutet Rigor eine Linie. Es kann in diesem Worte so wohl der Begriff der Menge der herrschende seyn, da es denn das Geräusch, welches mehrere neben einander befindliche Dinge machen, nachahmen und ein naher Verwandter von regen und rechnen seyn würde; oder auch der Begriff der geraden Linie, da es denn zu Regel, recht, richten gehören würde. Bey dem Kero ist Ruaua eine Zahl, womit das Angels. Raewa, und das Engl. Rew und Row, eine Reihe, überein kommen. Mit einem noch andern Endlaute gehöret auch das veraltete noch in der Übersetzung Isidors befindliche Redha, das Engl. Ridge, das Hebr. ערד, das Schwed. Rad, das Slavon. Rad, das Pohln. Rzad, das Wallis. Rhes, das Litthauische Redas, das Russ. Rad, das Lappländ. Raido, das Ästhnische Ridda, das Albanische Rjesta u.s.f. hierher, welche alle theils eine gerade Linie, theils eine Reihe, theils auch eine Ordnung überhaupt bedeuten, und Verwandte von Rad, Rath, Rede u.s.f. sind. Bey dem Kero ist Antreiti und bey dem[1050] Notker Antreht gleichfalls die Ordnung, S. auch 1 Reiten, für rechnen. Das Ital. Ruga und Franz. Rue, eine Gasse, stammen gleichfalls daher. S. auch das folgende. In den gemeinen Mundarten ist für Reihe mit einem Gaumenlaute auch Reige üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1050-1051.
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