Roth

[1172] Roth, röther, rötheste, adj. et adv. welches der Nahme einer lebhaften Farbe, und einer Eigenschaft der Körper ist, nach welcher sie diese Farbe an sich haben, wo doch nicht einerley Farbe mit diesem Worte bezeichnet wird. So bedeutet es zuweilen, 1) * Hochgelb, so wie die Farbe des Goldes ist. Von rothem golde, in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter, wo es in dieser Bedeutung mehrmahls vorkommt. So wollt er in viel guldein rot geben, Theuerd. Kap. 87, viele goldene Gulden, oder Goldgülden. Im Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung veraltet, aber im Nieders. nennet man den Branntwein noch roß, d.i. roth, wenn er hochgelb ist. 2) Braun, besonders gelblich braun, ingleichen röthlich braun. Dahin gehöret die rothe Kuh bey dem Moses, eigentlich eine gelbbraune Kuh, und Esaus rothes Linsengericht, 1 Mos. 25, 30. Das rothe Wildbret oder Rothwildbret der Jäger, d.i. Hirsche und Hirschkühe, zum Unterschiede so wohl von dem Damwildbrete als auch von dem schwarzen Wildbrete. Im gemeinen Leben wird es noch sehr häufig für braun und röthlich braun gebraucht. 3) Am gewöhnlichsten ist roth der Nahme einer einfachen hohen Hauptfarbe, welche in der Ordnung die siebente ist, und sich nach den ihr beygemischten andern Farben unter sehr vielerley Abänderungen zeigt, die man durch scharlachroth, blutroth, kupferroth, carminroth, carmoisinroth, fleischroth, braunroth, hochroth, rosenroth, hellroth u.s.f. ausdruckt, welche Stufen man im gemeinen Leben, wenn auf ihre genaue Bestimmung nichts ankommt, nur roth schlechthin nennet. Ein rother Kopf, rothes Haar. Rother Wein. Ein rothes Tuch. Ein rother Mund. Rothe Lippen, rothe Wangen. Roth werden, roth seyn. Man wird roth, wenn die Gesichtsfarbe röther wird, welches so wohl durch den mechanischen Trieb des Blutes nach dem Kopfe, als auch in[1172] allerley Empfindungen geschiehet. Sie wollen gewiß sehen, ob ich bey einer Lobeserhebung noch roth werde, Gell. Dieß alles sagst du mir und wirst nicht einmal roth? ebend. Vor Scham roth werden, druckt man in der edlern Schreibart durch erröthen aus. Die rothe Ruhr, eine Krankheit, S. Ruhr. Das wahre Rothe Todte, im Bergbaue, die röthliche taube Erdart, welche die unterste Schicht in allen Flötzgebirgen ausmacht, und von allen metallischen Theilen leer ist. In einigen Gegenden, wo der große Haufe in der Einbildung stehet, daß sich die Wanzen vermehren, wenn man sie bey ihrem rechten Nahmen nennt, gebraucht derselbe dafür den Ausdruck das Rothe. Sehr häufig wird auch das Adverbium in Gestalt eines Hauptwortes gebraucht, so wohl die rothe Beschaffenheit eines Dinges, als auch einen rothen Farbenkörper zu bezeichnen, da es denn, wie alle Adverbia, in diesem Falle indeclinabel ist, im Plural aber gar nicht gebraucht werden kann; für die Röthe. Das feinste Roth hob so schnell die Weiße ihrer Haut. Das Abendroth, Morgenroth.


Ein glühend Roth umfärbte seine Wangen,

Haged.


Anm. Schon bey dem Ottfried rot, im Nieders. rood, in den gröbern Mundarten raut, im Schwed. röd, im Isländ. raudur, im Angels. read, im Engl. red, im Wallis. rhudd, im Lat. rutilus, im Griech. ερευθος Im Arabischen ist iraeddon gleichfalls roth seyn, und Redon die Blutspur. Mit andern Endlauten heißt roth im Nieders. auch roß, im Holländ. ros, im Lat. russus, im Ital. rosso, im Franz. roux und rouge, im Engl. russet, im Griech. ῥουσιος (S. 1 und 2 Rose,) und im Pohln. rumiany. Da die Bedeutung einer Art Farbe nur eine figürliche, ist, so ist es schwer auszumachen, welches die erste und eigentliche ist. Vermuthlich ist es der Begriff der schnellen Bewegung, weil doch die rothe Farbe eine der lebhaftesten ist, welche die Gesichtsnerven am stärksten rühret; und alsdann würde dieses Wort zu den Abkömmlingen der Zeitwörter reiten und reisen gehören.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1172-1173.
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