Roth [2]

[178] Roth, 1) Justus, Geolog, geb. 15. Sept. 1818 in Hamburg, gest. 1. April 1892 in Berlin, erlernte die Pharmazie und war 1844–48 Apothekenbesitzer in Hamburg, ging dann als Privatmann nach Berlin und ward 1867 Professor an der Universität daselbst. Er schrieb: »Die Kugelformen im Mineralreich« (Dresd. u. Leipz. 1844); »Der Vesuv und die Umgebung von Neapel« (Berl. 1857); »Die Gesteinanalysen in tabellarischer Übersicht und mit kritischen Erläuterungen« (das. 1861), ein Werk, zu dem die »Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine« (das. 1869, 1873, 1879 u. 1884) als Fortsetzung gehören; »Über den Serpentin und die genetischen Beziehungen desselben« (das. 1870); »Die geologische Bildung der norddeutschen Ebene« (das. 1870, 2. Aufl. 1885); »Über die Lehre vom Metamorphismus und die Entstehung der kristallinischen Schiefer« (das. 1871); »Studien am Monte Somma« (das. 1877); »Allgemeine und chemische Geologie« (das. 1879–93, 3 Bde.). Auch beteiligte sich R. an der geologischen Kartierung Schlesiens und gab Mitscherlichs hinterlassenes Werk »Über die vulkanischen Erscheinungen in der Eifel« (Berl. 1865) heraus.

2) Paul von, Germanist, geb. 11. Juli 1820 in Nürnberg, gest. 29. März 1892 in München, habilitierte sich 1848 in München, erhielt 1850 eine außerordentliche Professur der Rechte in Marburg und, nachdem er sich durch seine »Geschichte des Benefizialwesens«[178] (Erlang. 1850) einen bedeutenden Ruf verschafft hatte, 1853 eine ordentliche Professur in Rostock. 1858 ging er in gleicher Eigenschaft nach Kiel, 1863 wieder nach München, wo er später auch zum Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek ernannt ward. 1852 wurde er außerordentliches, 1863 ordentliches Mitglied der bayrischen Akademie der Wissenschaften. Von seinen Schriften sind noch hervorzuheben: »Kurhessisches Privatrecht« (mit Vikt. v. Meibom, Marb. 1858, Bd. 1); »Mecklenburgisches Lehenrecht« (Rostock 1858); »Feudalität und Untertanenverband« (Weim. 1863); »Zur Geschichte des bayrischen Volksrechts« (Münch. 1869); »Bayrisches Zivilrecht« (Tübing. 1870 bis 1875, 3 Tle.; 2. Aufl.: 1. Teil 1881; 2. u. 3. Teil von H. Becher, 1897–98). Sein Hauptwerk ist das »System des deutschen Privatrechts« (Tübing. 1880–1886, 3 Tle.). Mit Rudorff u.a. begründete er 1861 die »Zeitschrift für Rechtsgeschichte«. Er war 1874–1889 Mitglied der Kommission für die erste Lesung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich.

3) Rudolf von, hervorragender Orientalist, geb. 3. April 1821 in Stuttgart, gest. 24. Juni 1895 in Tübingen, studierte in Tübingen, Berlin, Paris (unter Burnouf) und London, wo er im East India House den Stoff zu seinen Arbeiten über älteste Sanskritliteratur sammelte, habilitierte sich 1845 in Tübingen und wurde 1856 ordentlicher Professor daselbst sowie Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek. 1873 wurde er geadelt. Sein Hauptwerk ist das von ihm in Gemeinschaft mit Böhtlingk (s. d. 1) herausgegebene große »Sanskritwörterbuch« (Petersb. 1853–75, 7 Bde.), ein monumentales Werk, das eine neue Epoche des Sanskritstudiums, insonderheit des Studiums des Veda, in Europa eingeleitet hat. R. bearbeitete dafür den Wortschatz des Veda, und auf diesen Zweig der indischen Literatur beziehen sich auch seine übrigen Werke: die Textausgaben eines der ältesten exegetischen Werke der Inder, Jâskas »Nirukta« (Götting. 1852), und des »Atharva-Veda« (mit Whitney, Berl. 1855–1856), ferner die wichtige Schrift »Zur Literatur und Geschichte des Veda« (Stuttg. 1846) sowie die Mehrzahl seiner kleinern, meist als Tübinger Universitätsschriften und in der »Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft« erschienenen Abhandlungen.

4) Wilhelm, Mediziner, geb. 19. Juni 1833 in Lübben, gest. 12. Juni 1892, studierte seit 1851 auf dem Friedrich Wilhelms-Institut in Berlin, wurde 1861 Stabsarzt, 1867 Oberstabsarzt und Lehrer an der Kriegsakademie, 1870 Generalarzt und Korpsarzt des 12. königlich sächsischen Armeekorps in Dresden und 1873 auch Professor für Gesundheitspflege am Polytechnikum in Dresden, und leitete zugleich die militärärztlichen Fortbildungskurse. Er schrieb: »Militärärztliche Studien« (Berl. 1864–68, 2 Tle.); »Grundriß der physiologischen Anatomie für Turnlehrerbildungsanstalten« (das. 1866; 5. Aufl. von Hänel, 1901); »Handbuch der Militärgesundheitspflege« (mit Lex, das. 1872–77, 3 Bde.). Seit 1872 gab er den »Jahresbericht über die Leistungen und Fortschritte auf dem Gebiete des Militärsanitätswesens« heraus.

5) Arnold, schweizer. Diplomat, geb. 24. Jan. 1836 zu Teufen im Kanton Appenzell, gest. 7. April 1904 in Berlin, studierte 1854–57 die Rechte in Zürich und Heidelberg, wo er promovierte, wurde 1857 Auditor beim Bezirksgericht Zürich, siedelte 1859 nach Paris über, trat in die Kanzlei des dortigen schweizerischen Gesandten Kern und war 1861–69 dessen Gesandtschaftssekretär. 1869 als Sekretär des politischen Departements nach Bern berufen, nahm er 1870 seinen Wohnsitz in Teufen, wurde 1871 von der Appenzeller Landsgemeinde zum Mitglied des schweizerischen Ständerats und der appenzellischen Regierung, 1872 zum stillstehenden und 1873 zum regierenden Landammann gewählt. 1877 übernahm er den Posten eines schweizerischen Gesandten in Berlin, den er bis zu seinem Tode mit Auszeichnung bekleidete. 1899 vertrat er die Schweiz auch auf der Haager Konferenz. Vgl. W. Nef, Minister Arnold R., ein Lebensbild (Trogen 1905).

6) Christoph, Bildhauer, geb. 22. Juli 1840 in Nürnberg, bildete sich dort anfangs auf eigne Hand und ging um 1860 nach München, wo er auf der dortigen Akademie studierte und sich später der naturalistischen Richtung in der Art von Wagmüller und R. Begas anschloß. Außer einem anatomischen Torso (angekauft von der Münchener Kunstakademie) und einem anatomischen Athleten, die als Unterrichtsmittel dienen, hat er zahlreiche durch Energie und Lebendigkeit ausgezeichnete Büsten, darunter die des Prinzen Karl, der Prinzessin Arnulf und des Prinz-Regenten Luitpold von Bayern, des Kriminalisten Feuerbach, des Fürsten Bismarck und des Generals v. d. Tann, das Denkmal des Zoologen v. Siebold in Würzburg, die Giebelgruppe für den dortigen Justizpalast und die lebensgroße Gruppe Im Sterben (Museum in Zürich) geschaffen. Er ist königlicher Professor und gab heraus: »Plastisch-anatomischer Atlas zum Studium des Modells und der Antike« (3. Aufl., Stuttg. 1893); »Der Aktsaal« (31 Lichtdruckblätter, 2. Aufl., das. 1895); »Skizzen und Studien für den Aktsaal« (das. 1897, 30 Tafeln).

7) Bertrand, Klavierspieler, geb. 12. Febr. 1855 in Degershein (Kanton St. Gallen), erhielt seine Ausbildung am Leipziger Konservatorium und durch Liszt, war einige Zeit Lehrer am Hochschen Konservatorium in Frankfurt a. M., begründete 1882 mit Schwarz und Fleisch das Raff-Konservatorium, ging aber 1885 als Lehrer an das Dresdener Konservatorium und leitet seit 1890 eine eigne Klavierschule in Dresden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 178-179.
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