Energīe

[774] Energīe (griech.), Kraft, Tatkraft, Wirkungsvermögen; auch Kraft des Charakters, Nachdruck; daher energisch, stark, kraftvoll, nachdrücklich. – In der Naturwissenschaft bedeutet E. die Fähigkeit, Arbeit zu leisten. Ein Uhrgewicht befindet sich nach dem Ausziehen anscheinend in demselben Zustand wie zuvor. In Wirklichkeit besitzt es eine wertvolle Eigenschaft, die es vorher nicht hatte, es kann herabsinken und dabei durch seine Schwere das Uhrwerk treiben. Größere, durch Gewichte betriebene Motoren (Gewichtmotoren) finden zu technischen Zwecken Anwendung; z. B. Wasserräder (Wassermotoren), die durch herabsinkende Wassermassen getrieben werden. Die von einem solchen Motor geleistete gesamte Arbeit (Summe der nützlichen verwertbaren oder effektiven Arbeit und der durch Reibungswiderstände im Innern der Maschine ohne Nutzen verbrauchten Arbeit)[774] ist, wie namentlich die unzähligen mißlungenen Versuche zur Konstruktion eines Perpetuum mobile gelehrt haven, genau gleich der Arbeit, die zum Heben des Gewichts gebraucht wurde. In einem gehobenen Körper ist also Arbeitsfähigkeit gleichsam aufgespeichert, und man nennt sie E. der Lage (Distanzenergie, potentielle oder konfigurative E.), weil sie der Körper seiner erhöhten Lage verdankt, d.h. dem Umstande, daß er vom Anziehungsmittelpunkt der Erde weiter entfernt ist, als da er noch am Boden lag. Solche E. der Lage wird z. B. speziell in der Absicht, sie später zur Arbeitsleistung nützlich zu verwerten, aufgespeichert in den hydraulischen Akkumulatoren und Talsperren.

Anstatt durch ein aufgezogenes Gewicht kann man ein Uhrwerk auch treiben durch eine aufgezogene Feder (Federmotor). In der ausgezogenen Feder ist potentielle E. (Spannungsenergie) aufgespeichert, die genau dieselbe Arbeit zu leisten vermag wie die zum Ausziehen verbrauchte. Eine Seifenblase hat das Bestreben sich zusammenzuziehen und treibt aus einem Blasröhrchen die Luft mit derselben Kraft heraus, mit der sie zuvor hineingeblasen wurde, ähnlich wie ein aufgeblasener Kautschukballon. Letzterer besitzt Federkraft, somit Spannungsenergie, die Seifenblase nur Oberflächenspannung und demgemäß Oberflächenenergie. Die in der Technik gebräuchliche Arbeitseinheit ist das Meterkilogramm, d.h. die Arbeit, die eine Kraft von 1 kg leistet, indem sie einen ihr gleichen Widerstand durch eine Weglänge von 1 m überwindet. Um einen Körper vom Gewicht p kg auf s Meter Höhe zu heben, ist eine Arbeit von p. s Kilogrammeter oder Meterkilogramm nötig. Demnach wäre dieses Produkt p. s das Maß der in dem gehobenen Körper aufgespeicherten E. In der Physik benutzt man das Erg (s. Elektrische Maßeinheiten, S. 640) als Arbeitseinheit. 1 Kilogrammeter ist an Orten mittlerer geographischer Breite = 98,100,000 Erg, somit das Maß der potentiellen E. im genannten Falle = 98,100,000. p. s Erg.

Soll z. B. eine dicke Kautschukplatte unter einer Kopierpresse gepreßt werden, etwa derart, daß der Druck auf 1 qm H kg beträgt, so ist die erforderliche Arbeit, somit die in der Platte aufgespeicherte Spannungsenergie

Tabelle

wornt g = 9,81, v das Volumen der Platte in Kubikmeter und ε eine dem Elastizitätsmodul E proportionale Größe (ε = 106.E/g) bedeutet. (Ist nämlich l die Dicke der Platte in Meter, q der Flächeninhalt der Platte in Quadratmeter, so ist die bei der Zusammenpressung d Meter geleistete Arbeit [da der Druck nach und nach von 0 bis p. H = E.d.q.106/l Kilogramm anwächst, also im Mittel 1/2.E.d.q.106/l beträgt] = 1/2E.d.q.106/l.d, was den obigen Ausdruck für P ergibt.) Hiernach kann man die E., die in der Volumeinheit oder Masseneinheit aufgespeichert ist, berechnen. Letztere heißt spezifische E. Wird ein Uhrwerk oder ein andrer Mechanismus benutzt, eine Last aufzuwinden oder ein andres Uhrwerk auszuziehen, so ist die hierdurch gewonnene E., falls keine Reibungswiderstände u. dgl. auftreten und die Kraft voll ausgenutzt wird, gerade gleich der durch das Herabsinken der Gewichte oder das Ablaufen der Feder des treibenden Werkes verlornen E. Die potentielle E. kann also ihrer Quantität nach unverändert von einem Körper auf einen andern übertragen werden (s. Energiestrom).

Ist die Kugel eines einfachen Pendels in der höchsten Lage angekommen und demgemäß ein dieser Lage entsprechender Betrag potentieller E. in ihr angesammelt und pendelt sie nun zurück, so vermindert sich dieser Betrag und ist anscheinend völlig vernichtet, wenn die Kugel die tiefste Lage erreicht hat. In Wirklichkeit hat die Kugel ihre Arbeitsfähigkeit keineswegs verloren, diese erscheint nur in andrer Form, nämlich als Bewegungsenergie (aktuelle, kinetische E.); vermöge der erlangten Geschwindigkeit hebt die Kugel bei Fortsetzung ihrer Schwingung sich selbst wieder auf die gleiche Höhe hinauf, aus der sie herabgekommen war. Die Arbeitsleistungen, die eine Geschützkugel vollbringt, die vermöge ihrer Wucht dicke stählerne Panzerplatten durchbohrt, veranschaulicht, daß der Bewegungszustand eine Form von E. ist. Die in einem rasch umlaufenden schweren Schwungrad aufgespeicherte E. vermag, wenn die treibende Kraft des Motors versagt, noch für einige Zeit die Maschinen in Tätigkeit zu halten. Wenn eine Kraft einen Körper in Bewegung setzt, so leistet sie, indem sie seine Trägheit überwindet, eine Arbeit, deren Betrag durch das Produkt aus der Größe der Kraft und der Länge des Weges, den ihr Angriffspunkt in der Richtung der Kraft zurückgelegt hat, gemessen wird. Hieraus folgt, daß, wenn ein Körper vom Gewicht p seine Bewegungsenergie durch freien Fall aus der Höhe s erlangt, sie gleich der verlornen potentiellen E. p. s sein muß. Ebenso muß bei der Pendelkugel die kinetische E. im tiefsten Punkte, wo ihre Geschwindigkeit v Meter in der Sekunde sein mag, gleich der ursprünglichen E. von p. s Kilogrammeter sein. Nun ist, da nach den Fallgesetzen s = (9,81.t2)/2 und v = 9,81.t, wenn m = p/9,81 die Masse des Körpers, ps = m.v2/2, somit kann man allgemein sagen, die E. eines bewegten Körpers (seine Wucht) ist gleich dem halben Produkt von Masse ✕ Quadrat der Geschwindigkeit, welchen Ausdruck man früher, als man den Unterschied zwischen Kraft und E. noch nicht klar erkannt hatte, lebendige Kraft nannte. Beispielsweise ist die Arbeitsfähigkeit eines 100 kg schweren Geschosses mit 600 m Geschwindigkeit = 1/2.1/9,81.100.360,000 = 1,840,000 Kilogrammeter, es könnte somit in einen Erdwall, in dem es einen Reibungswiderstand von 10,000 kg erfährt, 18,4 m tief eindringen. Die kinetische E. eines Körpers von m Gramm Gewicht, der sich mit der Geschwindigkeit v Zentimeter in der Sekunde bewegt, ist hiernach 1/2 m v2 Erg. Die zum Spannen einer Armbrust verbrauchte Arbeit findet sich als potentielle E. in der gespannten Sehne und verwandelt sich beim Abdrücken in die aktuelle E. des fortgeschleuderten Pfeiles. Zerrt man eine gespannte Saite oder Spiralfeder und läßt sie los, so geht die Spannungsenergie in Bewegungsenergie über, diese wieder in Spannungsenergie etc.; die Saite gerät in Schwingungen wie ein Pendel. Und da wie bei diesem die maximale kinetische E. gleich sein muß der maximalen potentiellen oder der Summe beider Energien in jedem andern Zustand, so kann man kurz von der E. der Schwingungen sprechen, obschon die Form derselben fortwährend wechselt. Sie ist für die Grundschwingung, falls A den maximalen Ausschlag (die Amplitude) in m, l die Länge in m (= dem Knotenabstand), n die Zahl ganzer Schwingungen in der Sekunde und in die Masse der Längeneinheit (Gewicht in Kilogramm dividiert durch 9,81) bedeuten, P = π2.n2.A2.m.l Kilogrammeter. Soll beispielsweise eine Saite von 0,5 m Länge und 0,003 kg Gewicht durch einmaliges Streichen mit einem Violinbogen mit 0,2 m wirksamer Länge zur Grundschwingung[775] (n = 6000) mit 1 mm Amplitude veranlaßt werden, so ist die mittlere Kraft, mit welcher der Bogen geführt werden muß, = 1/0,2.π.36.106.10-6.1/g.0,003.0,5 = 0,27 kg = 270 Gramm.

Fällt ein Stein herunter auf eine vollkommen elastische Platte, die bewirkt, daß die Geschwindigkeit, mit der er sich vor dem Aufschlagen nach unten bewegte, einfach in der Richtung umgekehrt wird, so daß er nach dem Aufschlagen sich mit derselben Geschwindigkeit nach oben bewegt wie vorher nach unten, so wird er wieder genau auf seine Ausgangshöhe zurückgeworfen werden. Dann hätte das System wieder die ursprüngliche potentielle E., und es wäre diese unter vorübergehender Bildung von Spannungsenergie zurückverwandelt aus kinetischer E. Ein elastischer Ball, der von einer gewissen Höhe herunterfällt, sollte, so sich selber überlassen, in Ewigkeit zwischen dem Boden und der Anfangslage hin und her pendeln. Die meisten Körper sind aber unvollkommen elastisch oder unelastisch, d.h. die Bewegungsenergie wird durch Stoß oder durch Reibung scheinbar zerstört. In solchen Fällen tritt eine Erwärmung der beteiligten Körper ein; eine Kanonenkugel z. B., gegen eine eiserne Panzerplatte geschossen, erhitzt sich bis zum Rotglühen, und wird ein Eisenbahnzug durch Bremsen zum Stehen gebracht, so erwärmen sich Räder und Bremsen.

Preßt man Luft in einem sogen. pneumatischen Feuerzeug rasch zusammen, so steigt die Temperatur so hoch, daß eingebrachter Zunder sich entzündet. Die hierbei frei werdende Wärme läßt sich auf Grund der Kenntnis der spezifischen Wärmen der Luft berechnen, und nach diesem Prinzip hat zuerst 1842 Robert Mayer das mechanische Wärmeäquivalent berechnet, d.h. die Zahl Kilogrammeter Arbeit, die zur Erzeugung von 1 Kalorie erforderlich ist, d.h. einer Wärmemenge, die imstande ist, 1 kg Wasser um 1° zu erwärmen. Die Zahl beträgt 427,5. Hierdurch war der Satz der Erhaltung der E. auch für den Fall der scheinbaren Vernichtung von Arbeit durch Stoß und Reibungswiderstände bewiesen. Die Größe des mechanischen Wärmeäquivalents ändert sich natürlich, wenn in Kilogrammeter angegeben, mit dem Ort. Um konstante Zahlen zu erhalten, ist es nötig, die Arbeit absolut, d.h. in Erg, zu messen. Unabhängig vom Orte findet sich dann, daß 1 Kalorie = 42 Milliarden Erg ist. Daß ebenso umgekehrt, wenn, wie z. B. bei der Dampfmaschine, Bewegung durch Wärmewirkung erzeugt wird, die aus der Maschine (hauptsächlich im Abdampf) heraustretende Wärmemenge nicht gleich der mit dem frischen Dampf hineingeführten ist, sondern für je 427,5 Kilogrammeter Arbeit 1 Kalorie verschwindet, wurde zuerst durch Hirn bewiesen.

Anscheinend ist in einem komprimierten Gas die E. als potentielle E. aufgespeichert wie in einer zusammengedrückten Feder, man spricht deshalb von der Volumenergie des Gases; in Wirklichkeit geht die Kompressionsarbeit vollständig in Wärme über, die sich verliert. Dehnt sich das Gas aus unter Überwindung eines Widerstandes, so verschwindet eine der geleisteten Arbeit entsprechende Wärmemenge, es kühlt sich ab. Bei Expansion in den leeren Raum findet eine Abkühlung nicht statt, man sagt deshalb, die E. eines Gases sei unabhängig vom Volumen. Die Arbeit, die zum Verdünnen eines Gases mit der Luftpumpe erforderlich und scheinbar als potentielle E. des Vakuums aufgespeichert ist (ein gewichtsloser evakuierter Rezipient könnte wie ein Luftballon aufsteigen und dadurch Arbeit leisten oder durch Saugen einen Druckluftmotor in Tätigkeit halten), wird in Wirklichkeit dazu gebraucht, die äußere Luft zu heben und ihr potentielle E. mitzuteilen. (Man denke sich den Rezipient mit Wasser gefüllt und in einem Gefäß mit Wasser ausgepumpt. Der Wasserspiegel steigt um den Betrag des ausgepumpten Wassers.) Aus diesem Grund unterscheidet man auch zwischen innerer und äußerer E. Die innere E. eines Körpers kann man sich vom Standpunkte der Molekulartheorie denken als Summe der Bewegungsenergien der Moleküle und der potentiellen E., die dadurch bedingt ist, daß die Moleküle trotz der Molekularkräfte, die sie zusammenzuziehen suchen, infolge ihres Bewegungszustandes getrennt bleiben, ähnlich wie ein Pendel infolge seines Bewegungszustandes die Gleichgewichtslage nicht dauernd erreicht oder die Planeten nicht in die Sonne fallen können. Bei Gasen zeigen sich nur Spuren einer solchen molekularen Attraktionskraft, soweit nicht chemische Verbindungen eintreten. In letzterm Fall geht die potentielle chemische E. über in die chemische Verbindungs- oder Verbrennungswärme, gewöhnlich unter gleichzeitiger Änderung der Volumenergie oder äußern E. Dieselbe Wärmemenge wird bei Zersetzung (Dissoziation) der Verbindung wieder verbraucht, d.h. in chemische E. umgewandelt (s. Thermochemie). Gleiches gilt für die sogen. Aggregatzustandsänderungen und enantiotropen Umwandlungen (latente Schmelz-, Verdampfungs- und Umwandlungswärme), welche die sogen. Strukturenergie bedingen, sowie für Lösungsvorgänge (Lösungswärme), die mit einer Stoffänderung verbunden sind. Einfache Diffusion ist zu vergleichen der Expansion eines Gases ins Vakuum. Auch die Bildung von Oberflächenenergie und Spannungsenergie sind von Wärmeerscheinungen begleitet, indem beim Anwachsen der E. Wärme verschwindet, beim Abnehmen frei wird, so daß der wirkliche Wert größer ist als die geleistete Arbeit, was nur deshalb gewöhnlich außer Betracht bleiben kann, weil der Überschuß sich nicht als mechanische Arbeit ge winnen läßt.

In einem galvanischen Element, das durch eine Leitung geschlossen ist, geht die chemische E. nur z. T. oder gar nicht in Wärme über, sondern in elektrische E., und da nun der Zinkverbrauch der Stromstärke proportional ist una diesem die verlorne chemische E., so laßt sich die entstehende elektrische E. oder die elektromotorische Kraft berechnen. Auch hier kann aber unter Abkühlung des Elements noch ein Teil der vorhandenen, bez. aus der Umgebung zuströmenden Wärme in elektrische E. umgesetzt werden. In der Stromleitung geht schließlich die elektrische E. ebenfalls in Wärme über (s. Energiestrom), vorausgesetzt, daß dieselbe vollständig aus einem metallischen Leiter besteht. Ist eine mit angesäuertem Wasser gefüllte Zersetzungszelle eingeschaltet, so wird außerdem chemische Arbeit geleistet, indem ein Teil des Wassers in seine Bestandteile, Sauerstoff und Wasserstoff, zerlegt wird; diese Arbeit befindet sich als potentielle chemische E. in den beiden Bestandteilen und kommt als Warute zum Vorschein, wenn sie sich wieder miteinander zu Wasser vereinigen, d.h. wenn der Wasserstoff verbrennt. Indem man die Verbrennungswärme des entwickelten Wasserstoffes dem Mehrverbrauch von elektrischer E. gleichsetzt, erhält man eine Formel, aus der sich die elektromotorische Gegenkraft (Polarisation) der Zersetzungszelle e in Volt berechnen läßt (s. Elektrolyse).

Zum Maß der elektrischen E. gelangt man am einfachsten durch die Untersuchung der zum Laden eines [776] Konduktors, z. B. mittels einer Influenzmaschine, erforderlichen mechanischen Arbeit, der die aufgespeicherte elektrische E. gleich sein muß. Sie beträgt (s. Elektrische Spannung), falls die Ladung Q Coulomb und die Spannung E Volt ist, 1/2g. Q.E Kilogrammeter.

Bei der Entladung eines Konduktors oder einer Leidener Flasche ist die entwickelte Wärmemenge (W) dem Quadrat der entladenen Elektrizitätsmenge (Q) direkt und der Kapazität (C) der Flasche umgekehrt proportional; sie ist nämlich gleich der E. der elektrischen Ladung = 1/(2g).Q.E.1/427 oder da C = Q/E, W = 1/(2g.427).C.E2 Kalorien. Unter Benutzung des Begriffs der Kraftlinienzahl läßt sich für die in dem Diëlektrikum eines Kondensators aufgespeicherte elektrische E. Pe ein andrer Ausdruck finden. Es ist nämlich (s. Elektrische Kapazität) C = Q/E = (η.A)/(9.109.4πl) Farad, somit Pe = (2π.9.109.l. Q2)/(g.η.A). Nun ist die Kraftlinienzahl H für das Quadratmeter = 4πQ/A und dasVolumen v = A.l, also Pe = (9.109.ν.H2/8π.g.η) Kilogrammeter (η = Dielektrizitätskonstante). Hiernach kann man z. B., indem man ν = 1 setzt, die in der Volumeinheit (etwa des Glases einer Leidener Flasche) aufgespeicherte E. in Kilogrammeter berechnen. Die Formel ist, wie man sieht, ganz analog der oben gegebenen Formel für die E. elastischer Spannung, so daß es naheliegt, elektrische und elastische Spannung als ihrem Wesen nach verwandt zu betrachten (Maxwell).

Beispielsweise sei eine Batterie von Plattenkondensatoren mit 20 qm belegter Fläche und 3 mm Glasdicke (η = 5) auf 100,000 Volt Spannung mittels einer Influenzmaschine zu laden. Es ergibt sich C = (5.20)/(9.109.4π.0,003) = 0,296.10-6 Farad, somit die Ladung Q = 0,296.10-6.100000 = 0,0296 Coulomb und die zur Ladung aufzuwendende mechanische Arbeit (abgesehen von Verlusten) = 1/2 g.0,0296.100000 = 150,5 Kilogrammeter. Soll also die Influenzmaschine etwa durch ein 10 kg schweres Gewicht getrieben werden, so müßte die Schnur, an dem dieses zieht, mindestens 15,05 m lang sein. Bei Entladung der Batterie würde ein Funke entstehen, in dem die Wärmemenge 150,5: 427 = 0,362 Kalorie erzeugt wird.

Würde man in rascher Folge eine Flasche laden und wieder durch eine Leitung entladen, etwa n mal in der Sekunde, so wäre, da die Spannung dabei beständig zwischen o und E Volt schwankt, die mittlere Spannung e = 1/2 E und die Stromstärke i = n Q, somit die Stromarbeit für die Sekunde 1/g ei Kilogrammeter. Des unbequemen Faktors 1/g wegen benutzt man als Effekteinheit für Berechnung der Stromarbeit in der Regel 1/g Kilogrammeter für 1 Sekunde (= 107 Erg für die Sekunde) und nennt diese 1 Watt, auch wohl den 1000 sachen Betrag das Kilowatt. Die Stromarbeit ist somit = e.i Watt = ei/1000 Kilowatt. Da ein Effekt von 75 Kilogrammeter für 1 Sekunde = 1 Pferdekraft ist, so beträgt die zur Unterhaltung eines Stromes von i Ampere bei e Volt Spannung erforderliche Arbeit 1/736.e. i Pferdekräfte (PS). Dabei ist ganz gleichgültig, wie die Leitung beschaffen ist, d.h. ob die elektrische E. wie in einer Drahtleitung in Wärme umgesetzt wird oder in galvanoplastischen Bädern in chemische E. oder in Elektromotoren in Bewegungsenergie etc.


Soll etwa eine Glühlichtanlage von 200 parallel geschalteten Glühlampen für 100 Volt und 0,5 Ampere betrieben werden, so ist der von dem Motor zu leistende Effekt = 1/g.200.100.0,5 = 1020 Kilogrammeter in der Sekunde = 10 Kilowatt = 13,6 Pferdekräften. Tatsächlich ist derselbe, verschiedener Verluste wegen, erheblich größer (s. weiter unten bei Wirkungsgrad). Da ferner zur Erzeugung einer Kalorie 427,5 Kilogrammmeter Arbeit erforderlich sind, ist die bei i Ampere und e Volt frei werdende Stromwärme = 1/g.427.e. i Kalorien, oder wenn man die Wärme 1/g.427 Kalorie, wie es häufig geschieht, 1 Joule nennt: = ei Joule in der Sekunde. Beispielsweise produziert die eben berechnete Glühlichtanlage in der Sekunde eine Wärmemenge von 1020: 427 = 2,38 Kalorie = 10000 Joule. Nach dem Ohmschen Gesetz ist der Widerstand r = e/i, somit die Stromwärme = r.i2 Joule, d.h. sie ist proportional zum Widerstand und zum Quadrate der Stromstärke (Joules Gesetz). Metalldrähte werden hiernach durch den galvanischen Strom um so höher erwärmt, je dünner sie sind, und je geringer das Leitungsvermögen des Metalls ist, aus dem sie bestehen. Drähte aus leicht schmelzbaren Metallen werden durch starke Ströme geschmolzen, dünne Platindrähte geraten in lebhafte Weißglut. Ist V die elektromotorische Kraft der angewendeten Stromquelle (Batterie, Dynamo etc.) und R+r der Gesamtwiderstand des ganzen Stromkreises, so hat man nach dem Ohmschen Gesetz i = V/(R+r) und daher auch W = V2r/(R+r)2 Die entwickelte Wärmemenge erlangt hiernach ihren größten Wert, wenn r = R ist, d.h. wenn man den Leiter so wählt, daß sein Widerstand demjenigen des übrigen Stromkreises gleich ist.

Nach einer der Formel für die elektrische E. ganz analogen Formel ergibt sich der Wert der in dem Eisenkern eines ringförmigen Elektromagneten aufgespeicherte Betrag an magnetischer E. Pm. Der zur Erzeugung derselben nötige Verbrauch an Stromenergie äußert sich nämlich in dem Auftreten der sogen. elektromotorischen Gegenkraft der Selbstinduktion (s. Elektrische Induktion und Elektromagnetismus). Ist dieselbe = e Volt, die Stromstärke = 1 Ampere, so ist der Arbeitsverbrauch für die Sekunde = 1/g.ei Kilogrammeter. Die Gegenkraft tritt nur während einer sehr kurzen Zeit t auf, während der die Kraftlinienzahl von o auf ihren vollen Werk N ansteigt. Erst dann erreicht der Strom seinen vollen Wert i, während er anfänglich = o, also im Mittel = i/2 war. Nach dem Induktionsgesetz ist e = s. N/t (wenn s die Windungszahl der Bewickelung), somit Pm = 1/g.ei.t = 1/g.s. N/t.i/2.t = 1/(2g).N.si, oder wenn man den Selbstinduktionskoeffizienten L = (s. N)/i einführt, 1/(2g).i2.L Kilogrammeter. An Stelle des Produkts LadungSpannung in der Formel für die elektrische E. tritt also hier das Produkt Kraftlinienzahl ☓ magnetomotorischer Kraft oder in der zweiten Form an Stelle des Produkts KapazitätQuadrat der Spannung das Produkt SelbstinduktionskoeffizientQuadrat der Stromstärke. Berücksichtigt man, daß N = (si)/(107/4π.1/μ.1/A); N = A.H und ν =[777] A.l, so wird Pm = (107.ν.H2)/(8π.g.μ) Kilogrammeter, worin μ die magnetische Permeabilität (s. Magnetische Influenz). Auch diese Form unterscheidet sich nur wenig von der für die elektrische E., im wesentlichen dadurch, daß an Stelle der Diëlektrizitätskonstante die magnetische Permeabilität tritt. Setzt man ν = 1, so erhält man die in der Volumeinheit der Eisenmasse aufgespeicherte (spezifische) magnetische E.

Wird beispielsweise ein Hufeisenelektromagnet von 0,01 qm Querschnitt und einer Länge (einschließlich des Ankers) von 0,8 m, der mit 240 Drahtwindungen bewickelt ist, durch einen Strom von 40 Ampere erregt, so ist die in ihm aufgespeicherte magnetische E. = (2402.402.4π.0,01)/(107.0,00085.0,8.2.9,81) = 87,5 Kilogrammeter.

Bei den Elektromotoren wird die erzeugte magnetische E. sofort wieder weiter in kinetische E. umgewandelt. Der Betrag der letztern muß also der zur Erzeugung der erstern verbrauchten Stromenergie entsprechen, d.h. muß für die Sekunde = 1/g.e.i sein, worin e die elektromotorische Gegenkraft des Elektromotors bedeutet. Die Spannung an den Klemmen des letztern setzt sich zusammen aus dieser Gegenkraft und der Spannungsdifferenz, die dem Ohmschen Gesetz gemäß durch den Widerstand der Drahtwindungen bedingt ist und e´ betragen möge. Der Energieverbrauch des Elektromotors ist deshalb in der Sekunde = 1/g (e + e´) i Kilogrammeter. Hiervon erscheint der Teil 1/g.e´.i als Stromwärme, die keinen Nutzen gewährt, sondern nur eine schädliche Erwärmung des Ankers bedingt, da ihm für die Sekunde 1/(g.427).e´.i Kalorien zugeführt werden, die man durch Ventilation zu beseitigen suchen muß. Der theoretische Wirkungsgrad des Motors wäre das Verhältnis der erzeugten Bewegungsenergie zum gesamten Energieverbrauch = e: (e + e´).

Ähnlich ergibt sich umgekehrt bei Umwandlung von Bewegungsenergie in elektrische E. mittels einer Dynamomaschine, die einen Strom von i Ampere bei einer elektromotorischen Kraft von E Volt erzeugt, der für die Sekunde aufzuwendende Arbeitsaufwand (abgesehen von dem zur Überwindung von Reibungswiderständen etc. in der Maschine) = 1/g. E.i Kilogrammeter. Die elektromotorische Kraft E setzt sich aus zwei Teilen zusammen, aus der Spannung e´, die zur Überwindung des innern Widerstandes der Maschine erforderlich ist, und der zur Überwindung des Widerstandes der äußern Leitung, der sogen. Klemmenspannung e. Von der zum Betriebe der Maschine erforderlichen kinetischen E. werden somit 1/g.e´.i Kilogrammeter nutzlos zur Erwärmung der Maschine verbraucht, nur 1/g.e.i Kilogrammeter treten als nutzbare Stromarbeit auf und können z. B. zum Erhitzen der Kohlenfäden in Glühlampen dienen. Der theoretische Wirkungsgrad der Maschine, das Verhältnis der nützlichen elektrischen E. zum Energieverbrauch wäre somit e/(e + e´) = e/E. Dabei bedeutet E die Spannung, die an den Klemmen der Maschine gemessen wird, wenn der Stromkreis geöffnet ist.

Bei Wechselstrom werden diese Verhältnisse insofern wesentlich komplizierter, als zur beständigen Neubildung magnetischer und elektrischer Felder in der Nähe der Stromleiter, d.h. Aufspeicherung magnetischer und elektrischer E. bei jedem Stromwechsel, oder, wie man zu sagen pflegt, infolge der Selbstinduktion und Kapazität der Leitungen, ein großer scheinbarer Energieverbrauch stattfindet, d.h. das Produkt 1/g.i.e weit größere Werte annimmt, als der tatsächlichen Stromarbeit für die Sekunde (in Kilogrammetern) entspricht. Dieser Energieverbrauch ist nur ein scheinbarer, insofern als die erzeugte magnetische E. beim Verschwinden des Stromes (beim Wechsel der Stromrichtung) infolge der Selbstinduktion in Stromenergie wieder vollständig zurückverwandelt wird und ebenso die infolge der Kapazität aufgespeicherte elektrische E., die namentlich bei ausgedehnten Kabelnetzen, welche gewissermaßen bedeutende Batterien Leidener Flaschen darstellen, große Beträge annehmen kann. Für Wechselstrom muß deshalb das obige Produkt noch mit dem sogen. Leistungsfaktor (Kosinus des Phasenverschiebungswinkels zwischen Spannung und Strom) multipliziert werden. Zur Messung des Phasenverschiebungswinkels kann man z. B. eine Speiche des Rotors der Wechselstrommaschine weiß anstreichen und durch eine von der Maschine gespeiste Bogenlampe beleuchten. Ist keine Selbstinduktion im Stromkreis, so blitzt das Licht dann auf, wenn die Spannung am größten, die Speiche erscheint stillstehend, etwa nach dem Nullpunkt einer Kreis leilung gerichtet. Wird nun Selbstinduktion beigefügt, so verspätet sich der Strom, somit auch der Lichtblitz, die Speiche scheint somit in der Richtung der Rotation um den Phasenverschiebungswinkel verdreht.

Ähnliches zeigt sich bei Erzeugung von oszillierender Bewegung in der Mechanik. Um ein Schwungrad in oszillierende Bewegung zu versetzen oder eine Spiralfeder, z. B. bei der Unruhe einer Taschenuhr, abwechselnd zu- und aufzudrehen (zusammenzudrücken oder zu strecken), ist ein bedeutender Kraftaufwand nötig, der nicht im Verhältnis steht zu der tatsächlich geleisteten mechanischen Arbeit. Im Anfang ist trotz des großen ausgeübten Druckes die Geschwindigkeit nur klein, d.h. die Bewegung der treibenden Hand bleibt in ihrer Phase zurück gegen die Kraft. Wirkt die Hand auf eine Feder, so ist anfänglich, solange der Druck noch klein, die Bewegung groß, diese eilt also dem Druck vor. Durch Kombination eines solchen oszillierenden Schwungrades mit einer hin und her gedrillten Spiralfeder erhalten wir ein System, das ähnlich wie ein gewöhnliches Pendel seine Oszillationen ganz ohne Arbeitsaufwand in infinitum fortsetzen könnte, wenn keine Reibungswiderstände vorhanden wären, und in immer heftigere Oszillationen gerät, wenn eine in gleichem Takt ihre Richtung wechselnde Kraft darauf einwirkt, eine Erscheinung, die bei ähnlichen Vorgängen in der Akustik als Resonanz bezeichnet wird. Im Falle der elektrischen Leitung läßt sich das oszillierende Schwungrad der Selbstinduktion vergleichen, d.h. dem hin und her schwankenden magnetischen Felde, das sich um die Stromleiter bildet (f Elektrischer Strom), namentlich in Spulen, die mit Eisenmassen ausgefüllt sind, wie bei Wechselstrommaschinen und Transformatoren; die sich hin und her drillende Spiralfeder ist das Analogon des hin und her schwankenden elektrischen Feldes, das insbes. in der Guttaperchaschicht zwischen der Seele und der Hülle der elektrischen Kabelleitungen auftritt. Auch hier kann Resonanz eintreten, wenn die Schwingungsdauer des Wechselstromes der Eigenschwingungsdauer des Systems entspricht, d.h. wenn die Wirkungen von Selbstinduktion und Kapazität[778] sich aufheben, oder wenn die Admittanz zπL-1/(zπC) (s. Elektrische Induktion) den Wert Null hat. Da die Polwechselzahl z = 2.1/T, folgt hieraus für die Schwingungsdauer T eine der Pendelformel T = 2π√(1/g.l) ganz analoge Formel T = 2π√(C.L) Sekunden, worin C die Kapazität, L die Selbstinduktion. Sogar ein einmaliger Anstoß genügt, wie im Falle des oszillierenden Schwungrades, mehr oder minder lang (je nach den Widerständen etc.) andauernde Schwingungen hervorzurufen. Z.B. bilden sich bei Entladung einer Leidener Flasche durch einen Draht ohne erheblichen Widerstand stets solche Oszillationen aus. Die positive Elektrizität vereinigt sich mit der negativen durch den Draht und ruft dadurch einen sogen. Extrastrom hervor, der die Belegungen umgekehrt ladet wie zuvor, worauf abermalige Entladung, aber zugleich infolge des Extrastromes Neuladung der Flasche im anfänglichen Sinne stattfindet etc., ganz ähnlich wie Wasser in einem U-förmigen Rohr nach Herstellung einer Niveaudifferenz (etwa durch Einblasen in einen Schenkel) nicht sofort wieder nach Aufhören der Kraft in seine normale Lage zurückkehrt, sondern mehr oder minder lange hin und her pendelt, je nach dem Widerstande der Röhre. Dieser Widerstand ist indes nicht die einzige Ursache der Dämpfung der Schwingungen des Wassers. Es kommt hinzu, daß auch die Luft über den beiden Wasserspiegeln abwechselnd verdichtet und verdünnt wird und sich longitudinale Wellen (die bei genügender Schwingungszahl als Schall empfunden würden) mit einer Geschwindigkeit von ca. 340 m in der Sekunde in den Luftraum hinaus nach allen Richtungen ausbreiten und ihre E. nicht mehr an das schwingende Wasser (den Oszillator) zurückgeben. Durch einen Resonator, der eine gleiche mit Wasser gefüllte U-Röhre sein könnte, deren eines Ende verschlossen ist, könnte an einer entfernten Stelle ein Teil dieser durch akustische Strahlung fortgepflanzten E. aufgefangen und wieder in oszillierende Wasserbewegung umgesetzt werden, da die ankommenden Verdichtungs- und Verdünnungswellen der Luft die Wassersäule wegen gleicher Eigenschwingungsdauer in immer stärker werdende Oszillationen versetzen müssen. Diese ausgestrahlten Energiemengen sind nicht groß, aber meßbar. Die in der Sekunde ausgestrahlte Energiemenge (bei einer gewöhnlichen Stimmgabel z. B. etwa 3 Milliontel Kilogrammeter) heißt die Gesamtstrahlung, die durch die Flächeneinheit (1 qm) in der Sekunde hindurchgehende E. die Intensität der Strahlung. Sie ist umgekehrt proportional dem Quadrate der Entfernung, da dieselbe E., die in 1 m Entfernung vom Oszillator durch 1 qm hindurchgeht, z. B. in 2 m Entfernung sich auf die Fläche 4 qm verteilt, so daß auf 1 qm nur ein Viertel der frühern Menge kommt. In sehr großer Entfernung vom Oszillator sind die Strahlen nahezu parallel. Die in der Sekunde durch 1 qm hindurchgehende Strahlung erfüllt einen prismatischen Raum von ca. 340 m Länge. Der Energieinhalt eines Kubikmeters Schall ist somit der 340. Teil der Strahlungsintensität und kann deshalb ebenfalls als ein Maß der letztern betrachtet werden. Ist T die Schwingungsdauer in Sekunden, A die Amplitude der Luftteilchen in Metern, p das Gewicht von 1 cbm Luft in Kilogrammeter, so ist diese E. für 1 cbm P = 2π2.P/g. A2/T2 Kilogrammeter. Beispielsweise wäre die Intensität der Schallstrahlung der oben erwähnten Stimmgabel in 10 m Entfernung = (3.10-6)/(4π.100) und die E. für 1 Kubikmeter = (3.10-6)/(4π.100.340) = 0,79.10-11 Kilogrammeter. Ist die Schwingungszahl derselben = 435 in der Sekunde und das Gewicht von 1 cbm Luft = 1,2 kg, so folgt: 0,79.10-11 = 2π2.1,2/9,81.A2/4352 und hieraus A = 0,78.10-3 m = 0,78 mm als Größe der Amplitude der Luftteilchen.

Wäre das U-Rohr, in dem das Wasser hin und her pendelt, oben durch ein bogenförmiges Rohrstück geschlossen, so würde zwar auch die Luft darin hin und her geschoben werden, eine Ausbreitung von Wellen in den Raum hinaus käme indes nicht zustande.

Ähnlich entsteht eine die E. der Schwingungen verzehrende, also diese dämpfende Strahlung im Falle elektrischer Oszillationen, vorausgesetzt, daß der Oszillator nicht wie bei Entladung einer Leidener Flasche oder eines Luftkondensators in sich geschlossen ist. In solchem Fall erregen die Oszillationen in dem Glas oder der Luft des Kondensators hin und her gehende diëlektrische Verschiebungen, deren Ausbreitung in den Raum hinaus indes nicht oder nur in äußerst beschränktem Maß möglich ist. Anders wenn man nach Hertz die beiden Platten des Kondensators auseinanderzieht und den Draht geradestreckt (s. Figur), so daß die elektrischen Kraftlinien wie bei einem Magnetstab sich bis in unendliche Entfernung erstrecken.

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Die E. der elektrischen und magnetischen Felder wird nunmehr beim Wechsel der Stromrichtung der Leitung nicht mehr vollständig zurückgegeben werden, ein Teil schreitet mit der Geschwindigkeit von 300 Mill. m in der Sekunde als elektrische und magnetische Strahlung (elektrische und magnetische Wellen) in den Raum hinaus fort, ganz analog den Luftwellen bei der Fortpflanzung des Schalles. Ist die Länge des Oszillators = 1 Meter, seine maximale Ladung = Q Coulomb, die Schwingungsdauer = T Sekunden, so ist die Gesamtstrahlung in der Sekunde

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Ihrer Natur nach besteht diese E. zum Teil aus elektrischer, zum Teil aus magnetischer E., die abwechselnd ineinander übergehen wie kinetische und potentielle E. beim Pendel, bei Saitenschwingungen oder bei Wasserwellen. Bei einem Versuche von Hertz war beispielsweise die Spannungsdifferenz der beiden Kugeln des Oszillators (Radius = 0,15 m) = 3600 Volt, somit die Ladung einer jeden 3.10-7 Coulomb, die Länge l der Schwingung = 1 m und die Schwingungsdauer T = 3,2.10-8 Sekunden. Hiernach berechnet sich die ausgestrahlte E. in der Sekunde = 1512 Kilogrammeter = 20,16 Pferdekräfte.

In dem sehr großen Abstand R hat der von der Strahlungsenergie erfüllte Raum die Form einer Hohlkugel von der Oberfläche 4πR2 und der Dicke 3.108. m, somit 4πR2.3.108 cbm Inhalt. Dort entfällt somit auf 1 cbm die Energiemenge[779]

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die ganz wie im Falle der akustischen Strahlung als Maß der Strahlungsintensität betrachtet und, wenigstens theoretisch, durch ein System von Resonatoren aufgefangen, in Wärme umgewandelt und so gemessen werden kann. Da auch das Licht als eine derartige elektromagnetische Strahlung aufzufassen ist (s. Licht, Elektrische Schwingungen und Elektrische Wellen), so gilt gleiches auch für dieses. Man kann hier die E. für 1 cbm leicht bestimmen, indem man es durch eine kleine Öffnung in einen innen geschwärzten Behälter leitet, der sich in einem Kalorimeter befindet. Selbst wenn die schwarze Farbe das Licht nicht vollkommen absorbiert, wird es doch durch die fortgesetzten Reflexionen im Behälter nach und nach vollständig in Wärme verwandelt, die dann mittels des mechanischen Wärmeäquivalents in Kilogrammeter umgerechnet werden kann. Man findet soz. B., daß 1 cbm Sonnenlicht außerhalb der Erdatmosphäre 0,7 bis 0,8 Milliontel Kilogrammeter E. enthält, von der etwa die Hälfte beim Durchgang durch die Atmosphäre verschluckt, d.h. in Wärme umgesetzt wird. Gleiches gilt für dunkle Wärmestrahlen. Die von 1 qcm der Oberfläche eines absolut schwarzen Körpers (s. Ausstrahlung. S. 160) bei der absoluten Temperatur 1000° gegen eine Umgebung von der absoluten Temperatur 0° in der Sekunde ausgestrahlte Gesamtenergie beträgt π.408 Milliontel Kalorien = π.408.10-6.427,5 = 0,55 Kilogrammeter.

Indem die Erwärmung durch die Sonnenstrahlung an verschiedenen Stellen der Erdoberfläche ungleich ausfällt, wird das Gleichgewicht der Atmosphäre gestört und sucht sich durch Strömungen wiederherzustellen; die Bewegungsenergie der Winde ist daher nichts andres als umgewandelte E. der Sonnenstrahlung. Durch die Verdampfung, die unter dem Einfluß der Sonnenwärme an der Meeresoberfläche vor sich geht, werden ungeheure Mengen Wasserdampf in die höhern Regionen der Atmosphäre emporgehoben, von wo sie, zu Wasser verdichtet, als Regen oder Schnee herabfallen und, zu Bächen und Flüssen gesammelt, dem Meere wieder zuströmen. Während des Herabsinkens gibt das Wasser die gesamte E., die es beim Emporsteigen von der Sonne empfing, als Wärme (Freiwerden der sogen. latenten Wärme) und Bewegungsenergie wieder ab, wovon die letztere durch Wasserräder für die Zwecke der menschlichen Industrie nutzbar gemacht werden kann. In den grünen Blättern der Pflanzen wird durch die Sonnenstrahlen die aus der Luft aufgenommene Kohlensäure zerlegt; der Sauerstoff kehrt gasförmig in die Atmosphäre zurück, der Kohlenstoff aber wird zum Aufbau des festen Pflanzenkörpers verwendet. In dem Holz eines Baumstammes findet sich nun die gesamte E. der Sonnenstrahlen, die zu seiner Bildung im Laufe des Jahres verbraucht wurde, als potentielle E. aufgespeichert und kommt als aktuelle E. in Form von Licht und Wärme ungeschmälert zum Vorschein, wenn das Holz oder vielmehr der in ihm enthaltene Kohlenstoff durch Verbrennung wieder in den Zustand der Kohlensäure zurückkehrt. In den Steinkohlenlagern, umgewandelten Resten urweltlicher Pflanzen, ist ein reicher Sparpfennig gebundener Sonnenenergie niedergelegt, der in ferner geologischer Epoche durch die assimilierende Tätigkeit der damaligen Urwälder angesammelt wurde und durch den Verbrennungsprozeß jederzeit wieder in Freiheit gesetzt werden kann; demnach ist die Wärme unsrer Ofen, das Licht unsrer Gasflammen, die Arbeit der Dampfmaschinen E., die ursprünglich von der Sonne stammt. Von den Tieren nähren sich die einen unmittelbar von Pflanzen, andre verzehren ihre pflanzenfressenden Mitgeschöpfe, in beiden Fällen erkennen wir die Pflanzenwelt als die alleinige Quelle alles tierischen Lebens. Im tierischen Organismus verbindet sich der in der Nahrung eingenommene Kohlenstoff mit dem eingeatmeten Sauerstoff und wird in Form von Kohlensäure ausgehaucht, d.h. die E. der Sonnenstrahlen, welche die Pflanze zur Abscheidung des Kohlenstoffes verbrauchte und als potentielle E. in letzterm niederlegte, wird im tierischen Körper als Wärme und Bewegung wieder frei. – Diese Reihe von Betrachtungen, die sich noch weiter fortsetzen läßt, führt schließlich zu der Erkenntnis, daß die Sonne der alleinige Urquell aller Wärme, aller Bewegung, alles Lebens an unsrer Erdoberfläche ist (vgl. Entropie). Alle Änderungen, alle Vorgänge in der materiellen Welt sind nur Änderungen der Form der E., nicht ihres Betrages. Für psychische Prozesse versagt das Prinzip und muß versagen, da wir kein Maß haben, um ihre E. auseinander zu beziehen, obschon ebenso wie zur Leistung körperlicher auch zur Leistung geistiger Arbeit die Zuführung chemischer E. in Form von Nahrungsmitteln erforderlich ist. Die Wertschätzung übrigens, für die man dabei gewöhnlich eine zahlenmäßige Beziehung auffinden möchte, bemißt sich schon im täglichen Leben nur in seltenen Fällen direkt nach dem Energiemaß, noch weniger im psychischen Gebiet, so daß ein Resultat nach dieser Richtung gar nicht aus Energiebeziehungen herauskommen kann. Als Grundgesetz aller rein physikalischen Vorgänge gilt aber der sogen. erste Hauptsatz (Satz von der Erhaltung der E.), früher weniger angemessen Prinzip der Erhaltung der Kraft genannt, der sagt, daß in einem energetisch in sich abgeschlossenen System, auch wenn alle denkbaren Änderungen (bekannte und unbekannte) darin stattfinden, doch immer der Betrag, der an einer Energieart gewonnen wird, an andern Energiearten verloren geht. Ein derartig abgeschlossenes System wäre, und vielleicht das einzig realisierbare, das Universum. Daher der Satz »die E. des Universums ist konstant«. Dieses Gesetz beherrscht die Umwandlung sämtlicher Energien der Natur (Schall, Wärme, Licht, Elektrizität, chemische Trennung und Verbindung, mechanische E.) ineinander, so daß sich diese nur als verschiedene Erscheinungsformen ein und derselben Wesenheit darstellen, es führt zu der Erkenntnis ihres innern Zusammenhangs und berechtigt uns, in diesem Sinne von der Einheit der Naturkräfte zu sprechen, die ihren vollkommensten Ausdruck gefunden hat in der »Mechanik« von Hertz, der zufolge die Unterschiede der Energieformen, die im Prinzip alle Bewegungsenergie sind, darauf beruhen, daß die einen in sichtbaren, die andern in verborgenen Bewegungszuständen begründet sind. S. auch die Artikel »Energetik, Entropie, Energiestrom, Energieentwertung«.

Literatur: Helmholtz, Über die Erhaltung der Kraft (Berl. 1847, auch in Ostwalds »Klassikern der exakten Wissenschaften«, Nr. 1, Leipz. 1889); Grove, Correlation of physical forces (Lond. 1846, 6. Aufl. 1874; deutsch von Schaper, Braunschw. 1871); Joule, Das mechanische Wärmeäquivalent (deutsch, das. 1872); Derselbe, Scientific papers, Bd. 1 (das. 1884); Helm, Die Lehre von der E. (Leipz. 1887); Planck, Das Prinzip der Erhaltung der E. (das. 1887), Derselbe, Vorlesungen über Thermodynamik (das. 1897); Rob. Mayer, Die Mechanik der [780] Wärme (3. Aufl., Stuttg. 1893); Derselbe, Kleinere Schriften (das. 1893); Mach: Populärwissenschaftliche Vorlesungen (3. Aufl., Leipz. 1903), Die Prinzipien der Wärmelehre (2. Aufl., das. 1900), Die Mechanik (4. Aufl., das. 1901); Auerbach, Kanon der Physik (das. 1899); Will. Thomson (Lord Kelvin), Mathematical and physical papers (Lond. 1882–1890, 3 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 774-781.
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