Energie [2]

[452] Energie, Zerstreuung derselben. Als Zerstreuung (Entwertung) der Energie wird die Ueberführung der letzteren in Zustände bezeichnet, in denen sie weniger leicht in andre Formen verwandelbar ist. Da die Wärme nur beim Uebergange von Körpern höherer Temperatur zu solchen von tieferer Temperatur Arbeit leisten kann (vgl. Clausiusscher Grundsatz), so liegt in dem Aufheben von Temperaturdifferenzen eine Zerstreuung dieser Energie. Für lebendige Kraft bedeutet die Aufhebung von Geschwindigkeitsdifferenzen eine Zerstreuung der Energie.

Wird einem beliebigen materiellen System (s.d.) keinerlei Energie von außen zugeführt oder entzogen, so ist nach Gleichung 1. unter Energie dN + dU = 0; die Zunahme der virtuellen Energie U (zu der auch die Wärme gehört) ist gleich der Abnahme der aktuellen Energie N (erkennbaren lebendigen Kraft). Da nun für die ganze Welt durch Reibung, Stoß u.s.w. fortwährend aktuelle Energie in virtuelle Energie, insbesondere in Wärme, übergeht, ohne daß entgegengesetzte Uebergange in gleichem Maße stattzufinden scheinen, die Wärme aber stets von wärmeren nach kälteren Körpern zu gelangen strebt (vgl. Temperatur, Clausiusscher Grundsatz), so kam zuerst W. Thomson zu der Ansicht (On a universal tendency in nature to the dissipation of mechanical energy, Phil. Mag. 1852, Bd. 4, S. 304; auch Mathematical and physikal papers, Bd. 1, Cambridge 1882, Auff. 59 und 63), daß die Welt einem Zustände entgegenstrebe, in dem alle umwandelbare aktuelle Energie aufgebraucht und in Wärme von gleicher Temperatur übergegangen sei (Maximum der Entropie, s.d.). Der Uebergang in diesen bis jetzt einer einwandfreien Begründung entbehrenden »Weltstillstand« wurde mitunter speziell als Zerstreuung der Energie bezeichnet. Literatur s. Entropie.

Weyrauch.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 452.
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