Sack, der

[1239] Der Sack, des -es, plur. die -Säcke, Diminut. das Säckchen, Oberd. Säcklein. 1. Im weitesten Verstande, ein jeder hohler, an einem Ende verschlossener Raum; eine nur noch in einigen Fällen übliche Bedeutung. So nennet man eine Gasse ohne Ausgang in vielen Städten einen Sack, in andern ein Kehrwieder. Der Pulversack an den Schießgewehren ist die Stelle hinten an der Schwanzschraube, wo das Pulver die größte Gewalt ausübt. In den chymischen Öfen ist der Kohlensack der mittelste Raum des Ofens, gleich über dem Roste, in welchem die Kohlen zu liegen kommen; und so vielleicht in andern Fällen mehr. 2. In engerer Bedeutung, ein aus einer biegsamen Materie verfertigter hohler Raum, der an dem einen Ende verschlossen ist, andere Dinge darin aufzubehalten, ohne Unterschied der Größe. Ein lederner Sack, ein leinener Sack. Der Filtrirsack, Wadsack, Bettelsack, Mantelsack, Hodensack, Quersack oder Zwerchsack, Strohsack, Dudelsack, Klingelsäckchen, Kräutersäckchen u.s.f. Mit Sack und Pack ausziehen. Im Ober- und Niederdeutschen wird auch die Tasche der Sack, und zum Unterschiede der Schubsack genannt, welches letztere auch im Hochdeutschen nicht ganz fremd ist. Etwas in den Sack stecken, in die Tasche. Der Hosensack, die Hosentasche. Die Sackuhr, die Taschenuhr. Überhaupt gebraucht man das Wort Sack im Oberdeutschen in den meisten Fällen, wo im Hochdeutschen Beutel üblicher ist. Der Haarsack, der Haarbeutel, der Geldsack, der Geldbeutel. 3. In einigen noch engern Bedeutungen. 1) Ein solches großes Behältniß von einer biegsamen Materie führet im Hochdeutschen im engsten Verstande den Nahmen eines Sackes, zum Unterschiede von dem kleinern Beutel. Ein Geldsack, ein großer Geldbeutel, Wollsack, Mehlsack, Malzsack, Getreidesack, Kornsack, Futtersack, Hopfensack, Kohlensack u.s.f. Jemanden in den Sack stecken, figürlich, ihn überwinden, es sey worin es wolle. Jemanden im Sacke haben, ihn in seiner Gewalt haben. So voll wie ein Sack seyn, im höchsten Grade trunken. Figürlich ist in einigen Gegenden der Sack ein solcher Sack von bestimmter Größe, da es denn zugleich als ein Getreidemaß gebraucht wird. Ein Sack Getreide hält in Basel acht Müdde oder Scheffel, im Meklenburgischen aber nur sechs Scheffel. In Florennz ist Moggio ein Getreidemaß, welches 8 Sacci hält. 2) Ein enges Trauerkleid, bey den ältern Juden, von groben oder härnen Zeuge; in welcher Bedeutung es nur in der Deutschen Bibel vorkommt, wo Luther das Wort Sack nach dem Muster des Hebr. שק, beybehalten hat. Im Sack und in der Asche Buße thun, einen Sack um sich hüllen u.s.f. wo Michaelis das Wort Trauerkleid gebraucht. Das Lat. sagum scheinet damit verwandt zu seyn. 4. Figürlich. 1) Der Magen; doch nur im verächtlichen Verstande. Seinen Sack füllen. 2) Ein liederliches Weibsbild; doch nur[1239] in dem zusammen gesetzten Schleppsack. In Niedersachsen nennt man eine leichtfertige, verschmitzte und muntere weibliche Person im Scherze einen kleinen oder losen Sack.

Anm. Im Nieders. gleichfalls Sack, bey dem Ulphilas Sakk, im Engl. Sack, im Schwed. Säck, im Ital. Sacco, Saccoccia, im Franz. Sac, im Span. Sacco, im Pohln. Sac, im Lappländ. Tsakes, im Ungar. Zsak, im Lat. Saccus, im Griech. σακκος, im Hebr. שק. Weil die große Übereinstimmung fast aller Sprachen in diesem Worte die Wortforscher von je her befremdete, so behauptete Goropius Vecanus im Scherze, als bey dem Babylonischen Thurmbaue die Sprachen verwirret worden, so hätten die Bauleute in der Bestürzung sich doch an ihre Schnappsäcke erinnert, hätten darnach gegriffen, und wären damit ihres Weges gegangen, und daher sey es denn gekommen, daß dieses Wort von der allgemeinen Sprachverwirrung verschont geblieben. Indessen ist Sack nicht das einzige Wort dieser Art, indem man bey einer genauen Untersuchung jedes Stammwort in fast allen Europäischen und Asiatischen Sprachen wieder finden wird. Sack bedeutet einen weiten, tiefen, an einem Ende verschlossenen hohlen Raum, entweder von einem veralteten sachen, sacken, (S. Suchen,) sich bewegen, und in engerer Bedeutung, sich im Kreise, in die Runde bewegen, oder von sacken, sich senken, (S. dasselbe,) oder auch als ein Verwandter von Dach, weil s und t oder d sehr oft gleichbedeutend sind.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1239-1240.
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