Schwester, die

[1747] Die Schwêster, plur. die -n, Diminut. welches doch nur als eine Liebkosung üblich ist, das Schwesterchen, Oberd. Schwesterlein, eine weibliche Person, welche mit einer andern Person einerley Ältern hat, in Rücksicht auf diese andere Person, so wie Bruder, eine solche Person männlichen Geschlechtes. Sie sind Schwestern, von zwey solchen Personen weiblichen Geschlechtes. Die leibliche Schwester, die rechte Schwester, welche mit einer Person einerley Vater und Mutter hat; zum Unterschiede von einer Halbschwester oder Stiefschwester, welche einen andern Vater oder eine andere Mutter hat.

Figürlich. 1) Eine weibliche Person, welche genau mit einer andern verbunden ist, heißt, wenn sie völlig gleichen Standes mit ihr ist, in vielen Fällen eine Schwester, wie eine solche männliche Person ein Bruder. Vertraute Freundinnen pflegen sich oft Schwestern zu nennen, besonders wenn sie sich zugleich du nennen.[1747] Fürstliche Personen weiblichen Geschlechtes von gleicher Würde, und Republiken nennen sich oft Schwestern. Die Milchschwester ist eine weibliche Person, welche mit einer andern einerley Milch gesogen hat, einerley Amme mit ihr gehabt hat. In den Nonnenklöstern nennen sich die Nonnen wegen ihrer Gleichheit und engen Verbindung Schwestern, und werden daher auch wohl von andern geistliche Schwestern und Klosterschwestern genannt. In engerer Bedeutung sind die Schwestern, oder vollständig Laien-Schwestern, in den Nonnen-Klöstern das, was die Laien-Brüder oder Brüder in den Mönchsklöstern sind, d.i. diejenigen Ordens-Personen, welche die häuslichen und weltlichen Geschäfte des Klosters verwalten. 2) Ein Ding weiblichen Geschlechtes, welches einem andern Dinge gleich oder ähnlich ist.


Dein König, o Berlin, durch den du weiser

Als alle deine Schwestern bist,

Raml.


S. auch Bruder, wo sich alles, was daselbst gesagt worden, mit verändertem Geschlechte auch auf Schwestern anwenden läßt.

Anm. Schon bey dem Ulphilas Swistar, bey dem Ottfried Suester, im Nieders. ohne Blaselaut Süster, im Angels. Swuster, im Engl. Sister, im Schwed. Syster, im Pohln. Siostra, im Böhm. Sestra, im Litthauischen Schostro, im Lettischen Sessu, im Finnischen Sisa. Ohne Endsylbe hat man im Nieders. das liebkosende Diminut. Susje, Schwesterchen, Isländ. Suskin. Die Sylbe -er ist die Ableitungssylbe, welche eine Person, ein Ding bezeichnet. Es kommt daher nur auf die Sylbe Schwes, und ohne den Blaselaut Ses, u.s.f. an. Diese scheinet eine genaue Verbindung zu bezeichnen, und mit Wase, Base, wovon vermittelst des Zischlautes unser Schwester abstammet und in Ansehung des Niederdeutschen mit dem Holländ. seisen, binden, dem Franz. saisir, und schweißen, u.s.f. verwandt zu seyn. Mit andern Endlauten gehören dahin auch Schwager und das Lat. Soror. Daß dieses Wort ehedem nahe Verwandte überhaupt bedeutet habe, erhellet unter andern auch aus dem Collectivo Geschwister, S. dasselbe.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1747-1748.
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