Siegel, das

[89] Das Siegel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Siegelchen. 1. Eigentlich, wo es in einer dreyfachen Bedeutung üblich ist. (1) Die Figur, deren sich jemand bedienet, selbige zur Versicherung oder Bestätigung auf etwas zu drucken. Einen Löwen im Siegel führen. Sein eigenes Siegel haben. Sein Siegel auf etwas drucken. Ein Siegel nachmachen. Ein Siegel stechen, diese Figur in einen festen Körper graben. (2) Der Abdruck dieser Figur in einen weichern Körper, zur Versicherung u.s.f. Dieser weichere Körper ist Oblate, Wachs, Siegellack, Bley, Silber, Gold, in welchen letztern Fällen, wenn dieses Bild in Metall gedruckt und an eine Urkunde gehängt wird, dasselbe eine Bulle heißt. Das Siegel eines Briefes erbrechen. Das Siegel[89] ist unversehret. Ein wächsernes Siegel an eine Urkunde hängen. Brief und Siegel über etwas haben, eine besiegelte, mit einem Siegel versehene Urkunde. (3) Das Werkzeug, worein diese Figur gegraben ist, und womit man dieselbe in einen weichern Körper drückt, in welchem Verstande es noch von den größern und feyerlichen Werkzeugen dieser Art, dessen sich ganze Gesellschaften, Collegia u.s.f. bedienen, üblich ist, dagegen die kleinern Werkzeuge einzelner Personen Petschafte heißen. Das Kanzelleysiegel, Rathssiegel, Stadtsiegel u.s.f. Ein Siegel stechen, durch Eingrabung des Siegels dieses Werkzeug verfertigen. 2. Figürlich, der Versicherungsgrund einer Sache. Die Beschneidung zum Siegel der Gerechtigkeit empfangen, Röm. 4. 11. Die Wunder der Propheten waren Siegel der göttlichen Vollmacht.

Anm. Schon bey den ältesten Oberdeutschen Schriftstellern Sigel, im Niederd. Segel, im Angels. Sigel, im Engl. Seal, im Schwed. Sigill. Ehedem gebrauchte man in den eigentlichen Bedeutungen dafür auch das zusammen gesetzte Insiegel. Es ist mit der Sache selbst ohne Zweifel aus dem Lat. Sigillum entlehnet, welches wieder von Signum, Zeichen, abstammet, muß aber schon sehr frühe von auswärtigen Völkerschaften seyn angenommen worden, indem schon bey dem Ulphilas sigljan, siegeln ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 89-90.
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