Stern (2), der

[356] 2. Der Stêrn, des -es, plur. die -e, Diminut. das Sternchen, Oberd. Sternlein, ein leuchtender Himmelskörper, welcher sich dem Auge nicht in Gestalt einer glänzenden runden Scheibe, sondern mit strahlenden Spitzen (gemeiniglich mit sechs solcher Spitzen) darstellet, daher alle leuchtende Himmelskörper, die Sonne und den Mond ausgenommen, Sterne genannt werden. 1. Eigentlich. Sonne, Mond und Sterne. Sie Sterne am Himmel. Der Himmel ist oder stehet voller Sterne, wenn viele Sterne sichtbar sind. Die Sterne schneutzen sich, S. Sternputze. Ein Stern der ersten, zweyten, dritten Größe u.s.f. Weder Glück noch Stern haben, kein Glück haben; eine ohne Zweifel noch von der alten Art zu reisen und zu schiffen, da man sich des Nachts durch die Sterne leiten ließ, übrige R. A, welche aber auch von einem glücklichen Sterne oder Glückssterne aus der Astrologie herstammen kann. S. auch Unstern. Potz Stern! eine in den niedrigen Sprecharten übliche Formel, einen hohen Grad der Verwunderung auszudrucken. Der Irrstern, Fixstern, Morgenstern, Abendstern, Hundsstern, i.s.f. Mehrere nahe an einander befindliche und als ein Ganzes betrachtete Sterne heißen ein Gestirn. 2. Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt, wo viele runde mit ausgehenden Spitzen versehene Körper oder Figuren Sterne genannt werden. Der Stern auf der Stirn eines Thieres ist ein rundlicher weißer Fleck, mit Spitzen. Der Stern auf dem Nagel eines Fingers, ein ähnlicher weißer Fleck. Der Stern im Auge, der mittelste schwarze Fleck in dem Augapfel, oder vielmehr das Loch in dem traubenförmigen Häutchen, durch welches die Lichtstrahlen in das Auge fallen; im gemeinen Leben die Sehe, Nieders. die Süne. In welchen Fällen aber auch der Begriff des Leuchtens, und im letztem des Sehens der herrschende seyn kann. In den Gärten ist der Stern ein rundlicher Platz, aus welchem sechs Gänge nach verschiedenen Richtungen ausgehen. Die Überbleibsel der verdorrten Blüthe an dem Kernobste heißen gleichfalls der Stern, und so in vielen ander Fällen mehr.

Anm. Bey dem Ottfried Sterro, bey dem Ulphilas Stairno, im Nieders. Steern, im Angels. Steorra, im Ißländ. und Schwed. Stjerna, im Pers. Stär, im Griech. άσηρ, im Latein. Astrum und mit einem andern Endlaute Stella. Es ist ungewiß, ob der Begriff des Leuchtens, Glänzens, oder der Begriff der strahligen Spitzen, unter welchen die Sterne dem Auge sichtbar sind, oder auch der Begriff des Sehens, der Unbeweglichkeit, im Gegensatze der Sonne und des Mondes, indem die Sterne dem ungeübten Auge ihren Stand wenig oder gar nicht zu verändern scheinen, in diesem so alten Worte der herrschende ist. Das Latein. Sidus, gehöret unstreitig zu sehen, so fern es ehedem auch scheinen bedeutete; daher considerare, betrachten. Stern und Stirn sind[356] allerdings nahe verwandt, und das Nieders. Steern und Schwed. Stjerna bedeuten beydes; aber doch in verschiedenen ursprünglichen Rücksichten. In Stirn ist der Begriff der Erhabenheit der herrschende, welcher mit dem Sehen und Scheinen nahe verwandt ist, indem das Erhabene in vielen Fällen am ersten und deutlichsten sichtbar ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 356-357.
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