Straße, die

[424] Die Straße, plur. die -n, ein Weg, derjenige Raum, auf welchem sich ein Körper von einem Orte zum andern beweget. 1. Im weitesten Verstande für Weg überhaupt, in welchem es doch nur in einigen wenigen Fällen üblich ist. Geh deine Straßen, oder geh deine Straße, im gemeinen Leben, gehe fort, gehe deines Weges. Darnach gehet eure Straße, Jos. 2, 16. Gehen sie ihrer Straße und lassen sie uns ungehudelt, Weiße. So ging ich meine Straße, ich ging davon. Damit ritten sie ihr Straßen, im Theuerd. Die Mittelstraße, S. dieses Wort. In der Schiffahrt ist die Straße zuweilen der Weg, welchen ein Schiff auf seiner Fahrt nimmt. 2. Im engern Verstande, wo es von verschiedenen besondern Arten des Weges üblich ist. (1) Ein breiter öffentlicher Weg, auf welchem jedermann von einem Orte zum andern reisen kann. Auf öffentlicher Straße. Jemanden auf der Straße anfallen. Die Landstraße, Heerstraße, Poststraße. Die Milchstraße am Himmel, Siehe dieses Wort. (2) Eine breite Gasse in einer Stadt heißt gemeiniglich eine Straße zum Unterschiede von der schmälern Gasse. Ich will in der Stadt umgehen auf den Gassen und Straßen, Habel. 3, 2. Besonders in den zusammengesetzten eigenthümlichen Nahmen solcher Straßen; die Steinstraße, Königsstraße, Petersstraße, Heustraße u.s.f. (3) Eine Meerenge heißt in der Schifffahrt mehrmahls eine Straße. Die Straße bey Gibraltar, die Straße Davis, die Magellanische Straße u.s.f. Ehedem wurden auch schiffbare Ströme Straßen genannt, wie in dem Bremischen Wörterbuche v. Strate bewiesen wird. Im Nieders. ist Strate Straße, auch der Schlund, da es denn zu unserm Drossel gehöret.

Anm. Bey dem Ottfried Strazza, im Schwabensp. Strauz, im Nieders. Strate, in einigen Mundarten Stroote, im Schwed. Stråt, im Engl. Street, im mittlern Lat. Estrada, im Französ. Etrée, im Italien. und Span. Strada, im Wend. Stroton, im Wallis. Ystryd. Die Abstammung dieses Wortes ist noch ungewiß, daher sich auch der herrschende Begriff in demselben nicht bestimmen lässet. Die gemeinste Meynung ist, daß es von dem Lat. strata via, strata viarum, stratum, abstamme, und eigentlich einen gepflasterten Weg bedeute, welche Bedeutung aber unerweislich ist, und erst die Abstammung als gewiß voraus setzt, da doch bey der Anwesenheit dieses Wortes in so vielen alten und entfernten Sprachen nicht glaublich ist, daß es aus dem Lateinischen sollte seyn erborget worden. Mit mehrerm Rechte, lässet es sich von dem Angels. straedan, sternere ableiten, da es denn einen gebahnten Weg bedeuten würde, oder von dem noch Nieders. striden, streiten, oder schreiten, zu welchem ohne Zischlaut auch unser treten gehöret, da es denn einen jeden Weg bezeichnet haben müßte, oder, wenn man das st als zufällig ansiehet, von reiten, so fern es ehedem reisen überhaupt bedeutete, wovon auch das Französ. Route abstammet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 424.
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