Vesper, die

[1191] Die Vêsper, plur. die -n, ein mit der christlichen Religion schon sehr frühe aus dem Latein vespera in die deutsche Sprache eingeführtes Wort, welches noch hin und wieder im gemeinen Leben üblich ist. 1. Der Abend, die Zeit gegen den Abend, ohne Plural und am häufigsten im weitesten Verstande, so daß der ganze Nachmittag mit darunter begriffen wird. Es ist noch in Zusammensetzungen am gewöhnlichsten. Daher die Vesper-Zeit, die Nachmittagszeit, schon im Schwabenspiegel Vesper zit. Das Vesper-Brot, im gemeinen Leben einiger Gegenden, trockne Speise, welche man den Arbeitern Nachmittags gibt, das Nachmittagsbrot, in einigen Gegenden das halbe Abendbrot, in Franken das Rechtlein oder Deistelbrot, in Österreich die Jausen. Daher heißt vespern, im gemeinen Leben einiger Gegenden, das Nachmittagsbrot essen. 2. Der nachmittägige Gottesdienst. In die Vesper gehen. In die Vesper läuten. Daher die Vesper-Predigt, die Nachmittagspredigt; der Vesper-Prediger, der Nachmittagsprediger; die Vesper-Glocke, womit in die Vesper geläutet wird.

Anm. Das Wort kommt im Deutschen von dem Nachmittagsgottesdienste schon im achten Jahrhunderte vor. Opitz nennt den Abendstern den Vesperstern. Im Niederdeutschen wird auch das Frühstück sehr uneigentlich die Vormittags-Vesper genannt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1191.
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