Zeche, die

[1662] Die Zéche, plur. die -n, ein Wort, welches vornehmlich in folgenden nahe verwandten Bedeutungen gebraucht wird. 1. Eine Zunft, Innung; eine noch in vielen Oberdeutschen Städten, z.B. zu Strasburg, übliche Bedeutung, wo daher Zechgenossen, Zunftgenossen, der Zechenältester, der Handwerksältester, u.s.f. ist. Daher rühret es vermuthlich auch, daß die Handwerksgesellen den Tag, an welchem sie ihre vierteljährigen Zusammenkünfte halten, an manchen Orten den Zechtag nennen; ob er gleich auch von dem damit gemeiniglich verbundenen Zechen den Nahmen haben kann. 2. Im Bergbaue ist es die Zunft, oder Gesellschaft der Gewerken, und das ihr verliehene Feld, es sey nun eine Fundgrube, oder ein Stollen, oder auch eine oder mehrere Maßen. Eine solche Zeche bestehet aus 32 Theilen, oder 128 Kuxen. Von der Gewerkschaft wird es indessen, wie es scheinet, am seltensten gebraucht; am häufigsten von dem ihr verliehenen Felde und den dazu gehörigen Grubengebäuden. Daher, eine Zeche bauen, darauf arbeiten lassen; sie befahren, besichtigen; bestätigen, dem Muther in Lehne geben; sie liegen lassen, nicht mehr auf selbiger bauen, u.s.f. 3. Die Reihe und Ordnung, wie ein Geschäft die Glieder einer Gemeinde, oder geschlossenen Gesellschaft trifft, ohne Plural; eine noch in vielen Gegenden auf dem Lande, besonders Obersachsens, übliche Bedeutung. Das Vieh um die Zeche, oder, nach der Zeche hüthen, nach der Reihe, S. Zechhuth, Zechbrache. Die Bauern nach der Zeche zur Frohne fordern, nach der Reihe. Bey dem Bothschaftgehen zur Frohne ist die ordentliche Zeche zu halten, die Reihe. Die Zeche ist an das Dorf N. N. die Reihe trifft dasselbe. Auf den Dörfern in Meissen theilt man die Frohnfuhren, welche nach der Reihe geschehen, in die große und kleine Zeche; jene betrifft die Pferdner und ganzen Bauern, ingleichen die weiten Fuhren, diese die Häusler, Gärtner und Kothsassen, ingleichen die nahen Fuhren. Lessing gebraucht einmahl davon das Wort umzechig: sie wissen wohl, ihre Herrschaft über mich ist umzechig, mehrere üben ihre Herrschaft über mich nach der Reihe aus; welches Wort wohl wenigen selbst in Meissen verständlich seyn wird, weil Zeche in dieser Bedeutung daselbst nur auf dem Lande üblich ist. 4. Eine Gesellschaft zusammen reichlich trinkender Personen, ein Gelag. In dieser Bedeutung scheinet Canitz dasselbe zu gebrauchen:


Manch geheimes Blatt, das durch die Zechen fleugt.

[1662] Indessen ist es in dieser Bedeutung im Hochdeutschen seltener, indem es am häufigsten figürlich sowohl von den Kosten einer Trinkgesellschaft überhaupt, als auch von eines jeden Antheil dazu besonders, gebraucht wird, in welchem Verstande es denn gewöhnlich nur im Singular üblich ist. Der Wirth macht die Zeche, wenn er die Rechnung für das macht, was seine Gäste bey ihm verzehret haben. Die Zeche bezahlen müssen, für andere bezahlen, und figürlich, für andere büßen müssen. Seine Zeche bezahlen, seinen Antheil. Um die Zeche spielen. Einem die Zeche schenken, borgen, den Betrag dessen, was er verzehret hat.

Anm. Da dieses Wort, so viel ich weiß, weder in den ältern Schriften, noch im Niederdeutschen, und in andern verwandten Sprachen vorkommt, so ist dessen Abstammung schwer mit Gewißheit zu bestimmen. Im Böhmischen Bergbaue ist zwar Cech und Cecha, in der zweyten Bedeutung üblich; allein, es ist hier, so wie andere Bergwerkswörter, unstreitig aus dem Deutschen aufgenommen. In der letzten Bedeutung könnte man es von dem folgenden Verbo zechen herleiten; allein, mir scheint doch die allgemeinere Bedeutung einer Gesellschaft die herrschende, und die Verwandtschaft mit zechen zu entfernt zu seyn. Frisch glaubte, es stamme von zehen her, weil vielleicht die ältesten Gewerkschaften aus zehn Personen bestanden hätten. Mit mehr Wahrscheinlichkeit könnte man es als ein Intensivum von ziehen ansehen, obgleich die Verbindung zwischen dem Ziehen und einer geschlossenen Gesellschaft freylich noch dunkel ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1662-1663.
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