Das Königreich Schottland

[131] Das Königreich Schottland, wenn wir dasselbe getrennt von England denken, ist geographisch genommen eine Halbinsel, deren Länge von Mittag gegen Mitternacht zu ungefähr 80 Deutsche geographische oder 215 Schottische, die Breite aber von Morgen gegen Abend 52 Deutsche oder 140 Schottische [131] Meilen beträgt. Es gränzt gegen Mittag an das Irische (Irländische) Meer und an England, gegen Abend, Mitternacht und Morgen aber an das so genannte Schottische Meer, das heißt, an die Schottland großen Theils einschließenden Gewässer. Man theilt in geographischer und staatsrechtlicher Hinsicht dieses Reich in drei Hauptabtheilungen ab, nehmlich 1) in Südschottland, 2) in Mittel- und 3) in Nordschottland. Das ganze Land aber besteht aus 31 Shires oder Grafschaften. Der Hauptfluß des ganzen Königreichs, welcher Süd- und Mittelschottland von Nordschottland trennt, ist der Tay; die Hauptstadt des Reichs Edinburg; die übrigen bedeutenden Städte haben meistentheils gute und sichere Häfen. Die Einwohner Schottlands theilen sich in Hochländer und Niederländer: jene wollen noch wahre Abkömmlinge von den alten Skoten, mithin Celtischen Ursprungs, sein, und wohnen vorzüglich in den so genannten Schottischen Gebirgen, mithin in Nordschottland, auch auf den Juseln; diese aber sind eine Mischung aus vielen Nationen, als aus ursprünglichen Skoten und Pikten, aus Engländern, Portugiesen, Dänen, Deutschen und namentlich Sachsen, aus Franzosen, Ungarn und andern Völkern. Die Volksmasse des ganzen Königreichs aber ist, nach der Angabe der meisten Englischen Statistiker, ungefähr 1½ Million, mithin verhältnißmäßig lange nicht so volkreich als England. Die Landesreligion Schottlands ist zwar die protestantische: indeß da die Einwohner selbst aus so vielen und verschiedenen Völkerschaften zusammengesetzt sind, und in den gesammten Großbritannischen Staaten der Duldungsgeist seit langen Jahren Hauptmaxime war; so kann man sich leicht vorstellen, daß es in diesem Reiche Bekenner von allen Religionen geben müsse. Das ganze Reich hat übrigens die vortrefflichste Lage zum Handel, gute, zum Anlanden gelegene Küsten und die schönsten Häfen: es hat mehrere Gebirge, welche reich an Blei, an Kupfer, an Eisen Stahl, Quecksilber und Antimonium sind; auch mehrere Stein- und Marmorbrüche giebt es hier zu Lande. An den Gränzen Schottlands ist treffliche Waldung von langen, zum Schiffbau tauglichen Bäumen, und in manchen Gegenden sogar Ueberfluß [132] an Getreide, so, daß große Geldsummen dafür eingehen. Die Viehzucht ist hier wegen der fetten nahrhaften Weiden besonders gut, hauptsäch die Pferdezucht; und obwohl die Schottischen Pferde meist von kleinem Schlage sind, so wer den sie doch wegen ihrer Dauer im Auslande sehr geschätzt und theuer bezahlt. Die Schaafe geben zwar nicht die gute Wolle wie die in England; indeß ist doch der Ertrag davon für Schottland sehr wichtig und ergiebig, indem man sie ganz eigends zu benutzen weiß. Kurz, Schottland zieht aus seinem Viehstande bedeutende Summen sowohl von England als von andern Nationen. Eben so bedeutend ist aber auch für dieses Königreich der Ertrag aus den vielen Steinkohlen, welche ebenfalls ins Ausland verfahren werden.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 131-133.
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