Die Rota Romana

[339] Die Rota Romana oder Ruota Romana, war zeither, bis das Papsithum im Jahre 1798 durch die Französischen Eroberungen seinem gänzlichen Umsturz nahe gebracht wurde, das höchste Appellationsgericht des Papstes über die ganze katholische Christenheit, so weit sie nehmlich noch in strengerer Unterthänigkeit gegen den Römischen Stuhl lebte, und entschied nicht nur in geistlichen Streitsachen, sondern auch in allem, was geistliche Pfründen betraf, und über 500 Scudi betrug, ja sogar in weltlichen Händeln. Dieses Gericht hatte wegen des Grundsatzes der päpstlichen Kirche, daß die Entscheidungen des Statthalters Gottes untrüglich wären, ein außerordentliches Ansehen. (Vergl. d. Art. Papst). Sein Sitz war in Rom: es bestand aus 12 Prälaten (Auditores der Rota genannt), unter welchen drei Römer, neun aber Italiäner und Ausländer waren, und außerordentlich große Einkünfte zogen. Chikane, Kostspieligkeit und Langwierigkeit der Prozesse machten das Gericht zu einem der berüchtigsten Tribunale. Der Name Rota (ein Rad) kommt davon her, weil der Boden des Gerichtssaals mit marmornen Tafeln in Gestalt von Rädern ausgelegt ist. [339] Man darf mit dieser Rota nicht verwechseln: 1) das Consistorium oder oberste Staatscollegium des Papstes in weltlichen und geistlichen Dingen, in welchem die Cardinale sitzen, 2) die Congregationen oder niedern Collegien, z. B. der Inquisition, die des Inder (über verbotne Bücher), die der fagri riti (über Kirchengebräuche) u. s. w. in welchen alle Cardinäle den Vorsitz haben – und endlich 3) die Datarie oder Kanzlei. – Alle diese Gerichtshöfe haben jetzt aufgehört, und könnten, wiewohl unter einer sehr veränderten Gestalt, vielleicht wieder hergestellt werden, da das große historische Problem, ob die geistliche Herrschaft des Papsts fortdauern werde, nunmehr entschieden zu sein scheint.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 339-340.
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