Laokoon

[361] Laokoon, eins der vorzüglichsten Meisterwerke der alten Bildhauerkunst, von weißem Marmor, das den alten Laokoon und seine beiden Söhne darstellt, welche von zwei großen Schlangen umwunden sind. – Man ist sehr beschäftigt gewesen, dieses Kunstwerk mit dem Gemählde zu vergleichen, das Virgil im zweiten Buche der Aeneide von der Geschichte des Laokoon macht (eine Vergleichung, welche Lessing zu dem vortrefflichen Werke: Laokoon, oder über die Gränzen der Mahlerei und Poesie, Veranlassung gab), und wovon man gemuthmaßt hat, daß es nach dieser Gruppe entworfen sei; man muß jedoch bei dieser Vergleichung, außer den Verschiedenheiten, welche, vermöge der verschiedenen Natur der Poesie und Bildhauer-Kunst, zwischen diesen beiden Künsten Statt finden, vorzüglich bemerken, daß der Künstler des Laokoon Mitleiden für seinen Gegenstand, Virgil hingegen Abschen gegen die Irreligiosität erregen wollte. Der höchste Schmerz, die Angst, mit welcher der Vater unterliegt, und die äußerste Kraft, mit welcher er widerstrebt, sind in dieser Gruppe bewundernswürdig ausgedrückt. [361] Der Rücken ist jedoch nicht gehörig ausgearbeitet, denn sie war an die Wand bestimmt. Auch ist der Arm neu angesetzt. – Diese herrliche Gruppe wurde in den Bädern des Titus gefunden, und war bis jetzt eine der größten Zierden des Belvedere in Rom; in dem neuesten Kriege haben sich jedoch die Franzosen diese Statue nebst mehrern Kunstwerken in Rom zugeeignet.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 361-362.
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