Maria Francesca Todi

[189] Maria Francesca Todi, eine der berühmtesten Sängerinnen des vorigen Jahrhunderts, geboren zu Lissabon ungefähr 1748, sang zuerst (1777) in London, dann mit ungleich größerm Beifall in Paris, von wo sie 1780 nach Potsdam kam. Friedrich II. kein Liebhaber der neuen Italiänischen Musik, machte ihr das Compliment: es thät ihm leid, daß sie solche »Bierhaus-Musik« (musique de cabaret) sänge, und schickte ihr Arien von Hasse und Graun, die sie studiren solle. Allein wegen ihrer übertriebenen Forderungen wurde sie dieß Mahl nicht engagirt, wohl aber nach zwei Jahren. 1783 wurde sie in Petersburg sehr schmeichelhaft aufgenommen und außerordentlich belohnt, erhielt dann wieder nach Berlin, bei des neuen Königs Regierungsantritt, einen Ruf mit 4000 Rthlr. Gehalt, wo sie als Andromeda, Medea, Protesilao etc. sehr großen Beifall und sehr gnädige Gunstbezeugungen einerntete, die sie aber mit desto größerm Undank, und desto unwürdigerem Trotz erwiederte, als sie bald darauf 6000 thlr. – oder ihren Abschied verlangte. Der König gab ihr den letztern mit der Erklärung: er wünsche, daß ihr Alter – damahls schon 40 Jahr! – ihr erlauben möge, noch lange von so großen Anträgen Gebrauch zu machen. So wider ihr Erwarten abgewiesen, durchreiste sie nun Italien, Holland, England, bis sie endlich 1793 den Tod in ihrem Vaterlande fand. – Allerdings hatte wohl eine Künstlerin, die mit einer Mara wetteiferte, Ansprüche auf große Auszeichnung; allein daß sie den gewöhnlichen Künstlerstolz bis zum höchsten Uebermuth trieb, wird keiner, der auch wahre Künstler noch so sehr ehrt und schätzt, billigen. Die Stimme der Todi, welche freilich nur in Paris als die erste aller menschlichen Stimmen gepriesen wurde, haben Kenner mehr für Contrealt gehalten (wenigstens sang sie in der Höhe, die sie bis zum 3gestrichenen F brachte, mit Anstrengung); aber sie war schön, klar und hinreißend, ihr Gesang rein, kunstmäßig und im Adagio ganz vorzüglich. Auch selbst die Fruchtbarkeit der Todi als Mutter – sie hatte 8 Kinder geboren – that ihrer [189] Stimme keinen Eintrag. Daß sie bei ihren ungeheuren Forderungen ein sehr ansehnliches Vermögen samenlete, welches ihren hinterlassenen Gatten am besten zu trösten vermochte, ist wohl nicht zu verwundern

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 189-190.
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