Peter Ludwig Moreau von Maupertuis

[94] Peter Ludwig Moreau von Maupertuis, (aus der Familie Moreau, welche in dem neuesten Kriege durch den bekannten General dieses Namens wieder merkwürdig geworden ist) war 1698 zu St. Malo [94] geboren, und trat zuförderst in Französische Kriegsdienste, die er aber, da er von Jugend auf viel Neigung zu den Wissenschaften, besonders zur Mathematik, hatte, und überhaupt von unstäter Gemüthsart war, wieder verließ, und 1723 Mitglied der Akademie der Wissenschaften ward. Im J. 1736 stand er an der Spitze der Akademiker, welche Ludwig XV. nach Norden schickte, um die Form der Erde zu bestimmen. Nach Friedrichs II. Thronbesteigung rief ihn dieser zu sich, und ertheilte ihm, nachdem ihn Maupertuis in den Krieg begleitet hatte (wo derselbe bei Mollwitz gefangen, aber bald wieder losgegeben wurde), im J. 1745 die Würde eines Präsidenten der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, und 1747 den Orden pour le merite Geehrt und belohnt von seinem Könige hätte hier Maupertuis das glücklichste Leben führen können, wenn nicht Aufgeblasenheit, Ehrsucht und Unruhe sein Temperament versauert hätten. Er gerieth in Berlin in mehrere gelehrte Streitigkeiten; der Professor König in Franecker (welcher Maupertuis Grundsatz von der kleinsten Bewegung für ein Plagiat von Leibuitz ausgab) und Voltaire waren seine vorzüglichsten Gegner. Der letztere, vormahls sein Bewunderer, schrieb die Satyre Diatribe du Docteur Akakia auf ihn, wodurch er sich jedoch Friedrich II. sehr mißfällig machte. Da seine Gesundheit litt, so reiste er zweimahl von Berlin nach Frankreich, und starb auf der letzten Rückreise 1759 zu Basel in den Armen seiner Freunde, der Gebrüder Vernoulliʼs. Seine Werke sind in vier Bänden herausgekommen, und sind theils mathematischen, theils philosophischen Inhalts. Er hatte unter andern die auf der Möglichkeit, durch sorgfältige Aussonderung der ausartenden Geburten von den einschlagenden endlich einen dauerhaften Familienschlag zu errichten, beruhende Idee, in irgend einer Provinz einen von Natur edlen Schlag Menschen zu ziehen, so, daß darin Verstand, Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit erblich wären; ein Anschlag, der (wie sich Kant darüber äußert) an sich selbst zwar thunlich, aber durch die weisere Natur ganz wohl verhindert ist, weil eben in der Vermengung des Bösen mit dem Guten die großen Triebfedern liegen, welche die schlafenden Kräfte der[95] Menschheit ins Spiel setzen und sie nöthigen, alle ihre Talente zu entwickeln und sich der Vollkommenheit ihrer Bestimmung zu nähern.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 94-96.
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