Sevilla

[243] Sevilla, die Hauptstadt des Königreichs gleiches Namens – welches auch West- oder Nieder-Andalusien heißt, und gegen Norden an Cordova und Estremadura, westlich an das Portugiesische Alentejo, südlich an das Weltmeer und die Straße von Gibraltar, und gegen Osten an Granada und Murcia gränzt; dessen Größe auf 940 Quadratmeilen geschätzt und für den fruchtbarsten Theil, für die Kornkammer des Königreichs Spanien, besonders an Weizen, Oel und Weinen, gehalten wird – und die größte Stadt in ganz Spanien. Ihren Umfang rechnet man auf 4½ Spanische Meilen, aber die Volksmenge nicht mehr als zu 50,000 Seelen; der Boden ist sumpfig (daher auch die Häuser größten Theils auf Pfählen ruhen); die Straßen sind eng, unregelmäßig, ohne bedeutende Gebäude, wenn man etwa den königlichen Pallast, das Münzhaus, die Stückgießerei und Kaufmanns-Börse ausnimmt: eins der größten Gothischen Gebäude macht die Domkirche aus; übrigens aber gehört der größte Theil der Gebäude – der Geistlichkeit. Außerhalb der Stadt, welche seit 1504 auch eine Universität hat, ist die berühmte Maurische Wasserleitung. Merkwürdig ist die hier von Ferdinand VI. 1757 mit großen Kosten angelegte Tabaksfabrik, die einzige in ganz Spanien und die größte in ganz Europa. Im J. 1776 arbeiteten über 1000 Menschen und 180 Maulthiere hier. Der Tabac de Sevilla ist bei allen Tabaksschnupfern[243] hoch berühmt; die bekannten Cigarros (oder der dünne Rolltabak), welche ohne Pfeife geraucht werden, beschäftigen hier ebenfalls gegen 150 Personen. Außer der ansehnlichen Salpetersiederei und der Seidenmanufactur (welche jedoch jetzt um die Hälfte – sonst nährte sie an 16,000 Menschen – gefallen ist) sind auch die vielen Galonen und Borden von Bedeutung, welche hier verarbeitet werden und nach Peru gehen. Ueberhaupt aber hat sich der Handel Sevillas durch die Verlegung des Gerichtshofes nach Cadiz sehr verringert.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 243-244.
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