Der Patriarch

[222] Der Patriarch (a. d. Griech.): diese Benennung, welche eigentlich einen Altvater – das Haupt einer Familie bezeichnet, wurde den Stammvätern der Geschlechter vor der Sündfluth und kurz nach derselben[222] bis auf den Ausgang der Israeliten aus Egypten beigelegt, wo sie dann als Fürsten unter ihren Stämmen und Familien betrachtet wurden. Vor der Sündfluth erreichten sie bekanntermaßen ein hohes Alter, das sich auf viele hundert Jahre erstreckte, und ihnen ein desto größeres Ansehn erwarb. – In der späteren Zeit, und zwar im 5ten und 6ten Jahrhund. nach Chr. G. wurde das Patriarchat eine der höchsten geistl. Würden, und ob zwar gleich Anfangs ein Patriarch nichts weiter als ein Bischoff galt, so maßten sie sich doch bald weit mehr über die übrigen an, und es waren endlich die 5 Patriarchen zu Rom, Constantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem, welche sich allein jenes Titels und der Vorzüge über die andern anmaßten, auch durch Justinians und andrer Kaiser Begünstigung immer mehr Gewalt erlangten. Nun entstand auch der bekannte Streit zwischen den Patriarchen von Rom und Constantinopel wegen des Vorrangs, den jeder vor dem andern haben wollte, und wo sie sich am Ende beide den Titel eines allgemeinen Patriarchen beilegten, bis denn endlich der zu Rom als allgemeines Oberhaupt der Kirche anerkannt wurde. (Vergl. den Art. Paps).

Im Orient heißen besonders die Oberhäupter der christl. Kirche Patriarchen, welche mehrere Bischöfe unter sich haben, und den übrigen Geistlichen vorstehen, z. B. der Patriarch der Armenier, der Abyssinier, der Jacobiten etc.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 222-223.
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