Die Acht

[7] * Die Acht, oder der Bann, heißt der Ausspruch eines weltlichen oder geistlichen Richters, durch welchen ein Mitglied eines Staats, oder einer Kirche, von den ihm im Staate zustehenden Rechten, oder von der Gemeinschaft mit der Kirche ausgeschlossen wird. Genau genommen heißt diese Ausschließung, vom weltlichen Richter bewirkt, Acht; vom geistlichen Richter, Bann oder Kirchenbann. Beide sind oder waren an sich sehr verschieden:

I) Die Acht war in Deutschland, so lange die Reichsverfassung bestand. entweder Reichsacht, oder Landacht, und zwar A) Reichsacht, in den ältern Zeiten a) Reichsacht im eigentlichen Sinne, oder b) Ungehorsamsacht (Ungehorsamsbann). Jene trat gegen Reichsstände, jedoch nur bei den Verbrechen des Hochverraths und beim Landfriedensbruche (s. Fehde) ein: in welche jedoch der Kaiser nie allein, sondern die deutschen Reichsfürsten gemeinschaftlich durch Mehrheit der Stimmen erklären und jener blos die Vollziehung einem Reichsstand übertragen konnte, und dies wurde auch, da bisweilen Eigenmächtigkeiten eintraten, bei Kaiser Karls VI. Thronbesteigung (1711) aufs neue wieder festgesetzt. – Die Reichsacht war innerhalb des ganzen deutschen Reichs wirksam. Der Geächtete konnte sich nicht ohne Gefahr in einem zum deutschen Reiche gehörigen Lande aufhalten; auch [7] verlor er seine Lehen und Lande (jedoch ohne denen, die ein Erbfolgerecht hatten, nachtheilig zu sein). Die Contumaz- (Ungehorsams-) Acht fand in bloßen bürgerlichen Sachen Statt, wenn der Beklagte sich nicht vor Gerichte stellte, oder den richterlichen Aussprüchen keine Folge leistete: der Kläger wurde in den Besitz der Güter des Geächteten gesetzt, deren Nutzungen er sich zueignen konnte. Diese Acht wurde durch den letzten Reichsabschied von 1654 aufgehoben. – B) Die Land- (oder Territorial-) Acht, wider Bürger und Unterthanen eines einzelnen Reichsstandes, zog blos in dem Lande, wo die Achtserklärung erfolgte, dem Geächteten den Verlust der bürgerlichen Rechte und des Vermögens zu. Daher auch in Sachsen ein besonderer Bann- oder Achtsproceß, wo ein Verbrecher, der das Leben verwirket und die Flucht ergriffen, auch auf ergangene doppelte Citation sich nicht gestellt hatte, zuerst in die Unteracht erkläret, dann aber, wenn er binnen einem Jahre, von Zeit der Unterachtserklärung, noch nicht erschien, nach nochmaliger doppelter Citation, in die Ober- oder Aber-Acht, und durch solche für ehrlos erkläret wurde, und nun erst seine bürgerlichen Rechte und sein Vermögen verlor, welches dem Landesherrn zufiel.

II) Der Bann oder Kirchenbann (s. den Art. Bann) – eine in jeder Hinsicht unzweckmäßige Strafe – war eigentlich und ursprünglich mit keinem Verluste der bürgerlichen Rechte verknüpft; allein welche Anmaßungen sich die Päpste, besonders im 11ten Jahrhundert, in Ansehung des Kirchenbannes erlaubten, beweiset besonders Kaiser Heinrichs IV. (s dies. Art.) Regierung. – Man muß übrigens von dem Banne das Interdict unterscheiden, durch welches einzelnen Mitgliedern der Kirche, oder auch ganzen Gemeinden, Orten etc. der Gebrauch der Sacramente auf einige Zeit untersagt, nicht aber, wie beim Banne, sie von dessen Gebrauche ganz ausgeschlossen wurden. Das Interdict ist entweder ein allgemeines (gegen einen ganzen Ort, Land etc. und alle Bewohner desselben, jedoch gewöhnlich mit Ausnahme der Geistlichen)[8] oder ein besonderes, das nur einzelne Personen eines Ortes etc. trifft. So wenig endlich in unserm Zeitalter Acht, Bann und Interdict Statt finden werden und Statt finden können; so war doch wohl eine nähere Erläuterung derselben hier keineswegs überflüssig.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 7-9.
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