Die Augsburgische Confession

[69] Die Augsburgische Confession heißt das von den Protestanten auf dem Reichstage zu Augsburg 1530, dem Kaiser und Reiche übergebene und mit der Unterschrift der protestantischen Reichsstände bekräftigte Glaubensbekenntniß. Luther hatte dieses Glaubensbekenntniß, auf Befehl des Kurfürsten von Sachsen, Johannʼs des Beständigen, in Torgau in 17 Artikeln abgefasset; allein da sein Styl zu heftig war, so hatte es Philipp Melanchthon, auf kurfürstlichen Befehl und mit Einwilligung der sämmtlichen protestantischen Fürsten und Theologen, umgearbeitet. Diese Umarbeitung wurde dem Reichstage am 25. Juni 1530 übergeben und derselben vorgelesen. Das Original ist in dem kaiserlich-östreichischen Archiv befindlich, und nach solchem die zu Wittenberg 1531 erschienene Ausgabe der Augsburgischen Confession abgedruckt. In der Folge änderte aber Melanchthon eigenmächtig Einiges in derselben ab, und [69] diese veränderte Ausgabe erschien 1540. Es entstand nun ein Unterschied zwischen der unveränderten und veränderten Augsburgischen Confession; jene, dem Reichstage übergebene, ist von den Lutheranern, diese, von Melanchthon veränderte, bei den Reformirten angenommen. – Wir müssen übrigens zur Geschichte dieser Augsburgischen Confession und der Reformation Luthers, zur bessern Uebersicht, noch Folgendes beifügen: Ohnstreitig hatte Luther, als er zuerst wider Tezeln auftrat, nicht die Absicht, sich ganz von der römischen Kirche zu trennen, sondern bloß die auffallenden Mißbräuche derselben aufzudecken und ihre Abänderung zu bewirken. Allein Papst Leo X. (s. d. Art.) beging die Unklugheit, Luthern mit seinen Anhängern 1520 in den Bann zu thun. Jetzt waren diese genöthiget, als eine besondere Religionspartei aufzutreten. Man sah sie indeß, auch von Seiten der weltlichen Fürsten, für zu schwach an, als daß von ihnen etwas zu befürchten wäre. Kaiser Carl V. begnügte sich daher, Luthern ebenfalls in die Acht zu thun, und erließ auf dem Reichstage zu Worms 1521 ein Edikt, in welchem er Luthers Schriften zu lesen verbot, und jeder Obrigkeit befahl, ihn und seine Schriften zu verfolgen. Auf zwei andern, im Jahre 1522 zu Nürnberg gehaltenen Reichstagen wurde das Wurmser Edikt von neuem eingeschärft; allein auf einem dritten, 1524, sah man ein, daß die Befolgung jenes Edikts schon nicht mehr ganz möglich sei und Karl verordnete: daß, so viel wie möglich, jenes Edikt befolget, ein neuer Reichstag gehalten werden und unterdessen jeder Landesherr in seinem Lande auf die Schriften, in denen die Lutherische Lehre enthalten sei, sorgfältig Acht haben sollte. Im Jahr 1526 wurde auf einem neuen Reichetage zu Speier eine allgemeine Kirchenversammlung versprochen und bis dahin jedem Fürsten anbefohlen: dem Wormser Edikt so nachzukommen, wie er es vor Gott und dem Kaiser verantworten zu können glaubte Hatte man schon dadurch Beweise von einer gewissen Ohnmacht gegeben, so wurde dies noch einleuchtender, als man auf dem abermaligen Reichstage zu Speier 1529 den Schluß faßte: daß [70] zwar da, wo man bisher das Wormser Edikt befolgt, niemand sich zu Luthers Lehre bekennen, jedoch an denjenigen Orten, wo diese Lehre angenommen sei und ohne Aufstand nicht unterdrückt werden könne, weitere Neuerungen unterbleiben sollten. Wider alle diese, durch die Katholiken bewirkten Schlüsse des Reichstags protestirten indeß die evangelischen Reichsstände, und erhielten deshalb zuerst von dem päpstlichen Gesandten, Contareni, den Namen Protestanten. Carl V. erklärte endlich: daß er auf einem neuen Reichstage jeden seiner Religion wegen gütlich anhören wolle: worauf auch die evangelischen Reichsstände versprachen, ihre Religionsgrundsätze schriftlich aufzusetzen und solche bei dem Reichstage zu übergeben. Dies geschah denn nun auch auf dem zuerst gedachten Reichstage zu Augsburg 1530, durch Ueberreichung der Augsburgischen Confession, wegen welcher die zeitherigen Protestanten nunmehro den Namen Augsburgische Confessionsverwandte erhielten. Allein ohngeachtet man jetzt verschiedene Versuche machte, die Katholiken mit ihnen auszusöhnen, so konnte man doch keine Aussöhnung bewikken, und verschob dieselbe auf eine neue Kirchenversammlung, die binnen sechs Monaten gehalten werden und während welcher Zeit sich beide Parteien ruhig verhalten und – sonderbar genug – die Evangelischen sich nicht weiter ausbreiten sollten. Allein da die versprochene Kirchenversammlung nicht zu Stande kam, und besonders in den Landen, in denen Katholiken und Evangelische zugleich lebten, viele Unruhen entstanden; so schlossen die evangelischen Fürsten noch in demselben Jahre 1530, zu ihrer Vertheidigung gegen die Katholiken, den Schmalkaidischen Bund (s. dies. Artik.), der schon jetzt einen Religionskrieg nach sich gezogen haben würde, wenn nicht ein Feldzug gegen die Türken beide Parteien zur Eintracht genöthigt hätte. Dieser Türkenkrieg bewirkte, daß beide Parteien im Jahr 1532 zu Nürnberg einen Vertrag machten: daß bis zu dem Zeitpunkte, in welchem man sich völlig vergleichen würde, die evangelische Religion im deutschen Reiche öffentlich geschützt werden sollte. [71] Diesem im Jahre 1534 von neuem bestätigten Vergleiche folgte – leider! erst nach einem blutigen Kriege und nach einem Zeitraume von achtzehn Jahren – 1552 der Passauer Vertrag (s. d. Art.), und drei Jahre später, 1555, der Religionsfriede (s. d. Art.), welcher 1618 durch den dreißigjährigen Krieg von neuem gebrochen wurde, und dem endlich der westphälische Friede 1648 ein Ende machte.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 69-72.
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