Masinissa

[30] Masinissa, ein berühmter König der Massylier in Numidien, welcher schon im 17. Jahre, wo ihm sein Vater Gala ein mächtiges Heer anvertraute, [30] eins der wichtigsten Treffen gegen Syphax gewann, und in der Folge in Spanien gegen die Römer in Verbindung mit den Karthagern unter Asdrubal sehr viel zu dem Siege der letztern über die Scipionen beitrug. Doch bald darauf von dem großen Scipio Africanus geschlagen, trat er nachher auf die Seite der Römer, da er besonders nach Afrika zuruck mußte, wo nach seines Vaters Tode eine Empörung ausgebrochen war, und er unter vielen Kämpfen endlich sein väterliches Königreich wieder eroberte. Unterdessen hatte Karthago mit Syphax sich versöhnt, welchem Asdrubal seine Tochter, Sophonisbe, vorher dem Masinissa versprochen, zur Gemalin gegeben hatte: letzterer fiel nun in Massylien ein, verdrängte den Masinissa und nahm von dessen Reich Besitz. Flüchtend hielt sich dieser nun verwundet in einer Höhle mit zween seiner Leute verborgen. Bald kam er wieder an die Gränze, eine Menge Einwohner von Massylien schlugen sich zu ihm, und jetzt fiel er in des Syphax Land Massäsylien ein. Abermals besiegt, entkam er mit 70 Reitern und harrte nun auf die Ankunft der Römer. Diese landeten in Afrika und die geängsteten Karthager beredeten Syphax, den Masinissa wieder in sein Reich einzusetzen. Indessen suchte dieser, voll geheimer Rache in seinem Herzen, besonders da man ihm seine so heißgeliebte Sophonisbe entrissen und seinem Erbfeinde gegeben hatte, doch wieder die geheimen Verbindungen mit den Römern fortzusetzen, da er es öffentlich noch nicht konnte, indem eine Mutter vom Syphax als Geissel noch zuruckbehalten wurde. Als er aber endlich Asdrubals Sohn, Hanno, den Römern in die Hände gespielt und sonach an diesem eine Geissel für seine Mutter hatte, da trat er öffentlich zu den Römern über, gewann in dem folgenden Jahre zugleich mit dem Lälius mehrere Hauptschlachten, schlug den Syphax und rückte endlich in des letztern Hauptstadt ein. Hier traf er seine vorige Geliebte Sophonisbe, die sich ihm zu Füßen warf und um den Tod flehte, nur um der schimpflichen Gefangenschaft der Römer zu entgehen. Tief gerührt sah Masinissa kein andres Mittel, als sie zu seiner Gemahlin zu erklären. Allein mit ihr im römischen Lager angelangt, erklärte ihm[31] Scipio die Mißbilligung dieser Heirath, indem Sophonisbe schlechterdings die Gefangene der Römer sei; und Masinissa, nun einmal in der Gewalt der Römer, sah kein Mittel, als den Giftbecher für seine Gemahlin, um diese den schimpflichen Fesseln zu entrissen. Ruhig nahm Sophonisbe den Becher von dem Sclaven – denn Masinissa selbst konnte ihren Tod nicht sehen – und ließ ihm noch durch diesen versichern, sie nähme den Tod gern aus seiner Hand, da sie nie aufgehört hätte, ihn zu lieben. Groß war das Opfer., welches Masinissa brachte: Scipio wußte es zu schätzen, überhäufte ihn mit Ehrenbezeugungen, und feierlich wurde er zum König ernannt. Er blieb bei den Römern, erwarb in der Schlacht bei Zama gegen Hannibal neue Lorbeeren und erhielt nach dem Frieden alle seine Besitzungen, so wie einen Theil von Syphax Reiche Ja er bemächtigte sich nachher, unter Gutheißung der Römer, noch mehrerer Provinzen der Karthager, die umsonst bei den Römern Klage führten; und als es zuletzt zum förmlichen Kriege zwischen ihm und Karthago kam, mußte letzteres einen höchst nachtheiligen Frieden eingehen. Masinissa starb endlich kurz nach Ausbruch des dritten punischen Kriegs im 90 Jahre mit dem Ruhme eines tapfern Fürsten, der als Krieger einer der geschicktesten, als Fürst einer der aufgeklärtesten war, indem er seine Unterthanen gesitteter und mit den Vortheiien des Ackerbaues bekannter machte.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 30-32.
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