Katten

[586] Katten (die), eins der berühmtesten Völker im alten Deutschlande, wohnten im heutigen Kurhessen, östlich bis an die Saale und südlich bis nach Nassau hinein, also auch in einem Theile des östlichen Westfalen, an der Fulda, der Lahn und dem Main, bis in die Nähe des Rheins. Ihr Land war, den Berichten der röm. Schriftsteller zufolge, nicht so sumpfig als das der übrigen Deutschen. Das Volk hatte in Sitten und Gebräuchen manches Eigenthümliche, z.B. daß die meisten Jünglinge Bart und Haar wachsen ließen, bis sie einen Feind erlegt hatten. Die Katten waren sprüchwörtlich wegen ihrer Tapferkeit, und führten häufig Kriege mit Cheruskern, Hermunduren, Usipetern und Tenchlerern. Cäsar kam mit ihnen in feindliche Berührung; er konnte sie aber nicht besiegen, weil sie ihm nicht blos als tapfere Männer, sondern auch in gegliederten Reihen und völlig geregelter Schlachtordnung entgegentraten, wohlüberlegte Anfälle wagten, immer auf der Hut waren und jede günstige Gelegenheit benutzten. Zwar wurden sie späterhin von Drusus besiegt, aber nicht bezwungen; ihre Macht wurde vielmehr den übrigen deutschen Völkern so furchtbar, daß die Cherusker ihr altes Ansehen verloren und nebst andern deutschen Stämmen eine gewisse Oberherrschaft [586] der Katten anerkennen mußten. Nach Ablauf des ersten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung werden die Katten nur noch selten genannt, und zuletzt (392) als Verbündete der Franken aufgeführt; dann erscheinen im 7. Jahrh. die Hassi, welche mit den alten Katten und den neuern Hessen ein und dasselbe Volk sind. Das Land der Katten war in hundert Gauen getheilt, und jeder einzelne Gau konnte tausend waffenfähige Männer ins Feld stellen; die Mehrzahl der Krieger bestand aus Fußgängern; der Reiterei bedienten sie sich nur, wenn sie schnell angreifen und den Feind unvermuthet überfallen wollten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 586-587.
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