Katten [2]

[756] Katten (Chatti, seltener Catti, v. altnord. hattr, angelsächs. haet = pileus, Filzkappe), german. Volksstamm, der zu den Herminonen gehörte, wohnte zwischen Rhein, Taunus, Werra, Diemel und dem Teil des Rheinischen Schiefergebirges, der die Wasserscheide zwischen Rhein und Weser bildet. Ihr Hauptort war Mattium (Maden bei Gudensberg an der Eder). Zu den K. gehörten die Mattiaker am Taunus; von den K. stammten die Bataver und Chasuarier ab, deren Sitze im Rheindelta lagen. Die K. hatten im Vergleich mit andern Völkern abgehärtetere Körper, straffere Glieder, drohendere Gesichtszüge und größere Lebendigkeit des Geistes, waren reicher an Überlegung und Erfindungsgabe, hielten strengere Kriegszucht und vertrauten mehr den Anordnungen ihrer Häuptlinge. Ihre Hauptstärke war das Fußvolk. Gleich den Römern führten sie auf dem Marsche außer Waffen auch Feldgerät und Mundvorrat bei sich, wußten Verschanzungen aufzuwerfen, und, in Schlachtreihen geordnet, kämpften sie ausdauernd. Die Jünglinge schoren Bart und Haupthaar erst nach Erlegung eines Feindes ab. Ein eiserner Ring bezeugte (nach Tacitus) das Gelübde eines Tapfern, von der beschimpfenden Fessel sich durch die Erlegung eines Feindes zu befreien; solche Ringträger bildeten die ersten Schlachtreihen. Der kattische Krieger war ohne eignen Wohnsitz und Ackergut und quartierte sich im Frieden bei andern ein; erst Altersschwäche setzte seinem Kriegsdienst ein Ziel. Drusus fand bei seinem Plan der Unterjochung Germaniens (11 v. Chr.) anfangs an den K. Verbündete und drang durch ihr Land gegen die Cherusker (im Wesergebiet) vor. Denselben Weg nahm Germanicus, um des Varus Niederlage, welche die K. als Bundesgenossen der Cherusker, Brukterer und Marsen mit herbeigeführt hatten, zu rächen (15 n. Chr.); 16, als er seine Hauptmacht gegen Arminius führte, schickte er seinen Legaten Silius ab, um die K. in Schach zu halten. Aufs neue kämpften die K. gegen die Römer in Obergermanien zur Zeit des Kaisers Claudius, und 51 verloren sie gegen Sulpicius Galba den bei Varus' Niederlage erbeuteten Legionsadler. Darauf gerieten sie mit den Hermunduren um heilige Salzquellen an der Werra in Streit und gelobten, die Feinde nach ihrem Siege den Göttern zu opfern; besiegt, wurden viele von ihnen an den Altären geschlachtet (59). Doch muß die Macht der K. bald wieder erstarkt sein. Im J. 70, zur Zeit des Bataveraufstandes, bedrängten sie mit den Usipetern die römische Kolonie Moguntiacum (Mainz), ohne Erfolg. Trajan und Hadrian schränkten das Gebiet der K. am Taunus durch den Limes romanus ein. Am Markomannenkrieg (162–180) nahmen sie als südwestliche Vorhut des großen Bundes teil. Zuletzt kämpfte Kaiser Caracalla (211–217) gegen die K., die fortan in dem Gesamtnamen »Franken« ausgingen. Vereinzelt tritt der alle Name noch auf Ende des 4. Jahrh. bei Sulpicius Alexander (bei Gregor von Tours) und Claudianus. Daß die Hessen von den K. abstammen, ist wahrscheinlich. S. Karte »Germanien«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 756.
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