Sprachgewölbe

[256] Sprachgewölbe sind Bauwerke, welche das Eigenthümliche haben, daß Worte, welche an dem einen Ende leise gesprochen werden, an dem entgegenstehenden vernommen werden, ohne daß man sie an einem dazwischen liegenden Punkte hören kann. Diese Gewölbe müssen eine elliptische Form haben. Wie nämlich ein elliptischer Hohlspiegel die Eigenthümlichkeit hat, den in einem seiner Brennpunkte aufgestellten Gegenstand an dem andern erscheinen zu lassen, d.h. die von dem Gegenstande ausgehenden Lichtstrahlen in dem andern Brennpunkte zu sammeln (vergl. Spiegel), so sammelt auch ein elliptisches Gewölbe die von dem einen Brennpunkte ausgehenden Schallstrahlen in dem andern Brennpunkte. Ein derartiges Bauwerk war das in der Geschichte erwähnte Ohr des Dionysius zu Syrakus. Der argwöhnische Tyrann soll es benutzt haben, um Gefangene unbemerkt zu behorchen. Dasselbe wird noch jetzt gezeigt und besteht aus einer in den Felsen gehauenen Grotte. Im Kleinern ausgeführt wird ein solches Bauwerk Sprachsaal genannt. Man findet einen solchen in der Sternwarte zu Paris.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 256.
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