Spiegel

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[244] Spiegel wird jede glatte Fläche genannt, welche die Lichtstrahlen, die von einem leuchtenden oder erleuchteten Gegenstande auf sie fallen, so zurückwirft, daß die zurückgeworfenen Strahlen ein Bild jenes Gegenstandes darstellen.

Spiegelnde Oberflächen kommen nur an glatten und undurchsichtigen Körpern vor, denn rauhe Flächen zerstreuen das Licht und durchsichtige Körper lassen es durch sich hindurchgehen. Aus diesem Grunde eignen sich unter allen Körpern am besten die Metalle zur Herstellung von Spiegeln, denn sie sind undurchsichtig und lassen sich zu einem hohen Grade der Glätte poliren. Je vollkommener die Politur ist, desto heller sind die Spiegelbilder. Die Metallspiegel haben jedoch den großen Nachtheil, daß das Metall sehr leicht durch Oxydation leidet und dann matt wird. So gibt angelassener Stahl die besten Spiegel, rostet aber auch außerordentlich leicht. Übrigens bedient man sich zur Herstellung von Metallspiegeln verschiedener Compositionen, z.B. einer Mischung von 64 Theilen Kupfer und 29 Theilen Zinn oder von 32 Theilen Kupfer, 15 Theilen Zinn, 1 Theil Messing und 1 Theil Arsenik. Die Metallspiegel werden erst gegossen, dann geschliffen und zuletzt polirt. Zum gewöhnlichen Gebrauch bedient man sich allgemein der Glasspiegel. Die harten schwarzen Glasmischungen geben besonders gute Spiegel. Am häufigsten sind aber die Spiegel von durchsichtigem weißen Glase. An sich ist dasselbe seiner Weiße und Durchsichtigkeit wegen zu Spiegeln völlig unbrauchbar, doch hat man verschiedene Mittel, es brauchbar zu machen. Wenn man die Hinterfläche einer Glastafel matt schleift, dann gibt die Vorderfläche derselben ein deutliches Bild. Statt dessen kann man auch die Hinterfläche schwärzen oder mit einem schwarzen Körper belegen. Belegt man endlich die Hinterfläche mit Metall, so wirst diese Hinterfläche ein so lebhaftes Bild zurück, daß das, welches die Vorderfläche gibt, dagegen fast ganz verschwindet. Eine solche Metallbelegung wird in der Regel mit Zinnfolie hergestellt. Da sich dieselbe für sich an das Glas nicht anhängt, so geschieht die Bereitung der Spiegel in der Art, daß man die ausgebreitete Zinnfolie mit Quecksilber benetzt und dieses mit den Fingern oder mit einem Hafenlaufe einreibt. Die Zinnfolie amalgamirt sich dadurch mit dem Quecksilber, und man breitet dann über sie Fließpapier und legt auf dieses die Glasplatte. Zieht man nun das Fließpapier vorsichtig weg, und drückt die Glasplatte fest an, so hängt sich das Amalgam an und der Spiegel ist fertig. Die glatte Metallfläche, welche bei diesem Verfahren erzeugt wird, ist der eigentliche Spiegel. Da das Licht durch das Glas hindurchgehen muß bei der Spiegelung, so geht ein Theil desselben verloren und die Spiegelbilder erscheinen daher stets minder hell, als die Gegenstände, welche sie erzeugen. Bei Spiegeln von mittelmäßiger Güte geht auf diese Art beinahe die Hälfte des Lichts verloren.

Nach der Form der Oberfläche unterscheidet man ebene und gekrümmte Spiegel. Die Spiegelung erklärt sich nach dem Gesetze von der Zurückwerfung des Lichts (s. Licht), daß jeder auf eine glatte Fläche fallender Lichtstrahl unter eben dem Winkel zurückgeworfen wird, unter welchem er auffällt. Ist also z.B. AB eine Spiegelfläche, auf welche der Strahl CD unter dem Winkel ADC auffällt, so wird CD in der Richtung von DE zurückgeworfen, sodaß der Winkel BDE gleich ist dem Winkel ADC. Gewöhnlich mißt man aber den sogenannten Einfallswinkel so, daß man sich durch den Punkt D, in welchem der Strahl den Spiegel trifft, eine Senkrechte auf AB gezogen vorstellt, welche das Einfallsloth heißt, der Winkel, den dann der einfallende Strahl mit diesem Einfallsloth macht, heißt der Einfallswinkel, und ist gleich dem Winkel, welchen der zurückgeworfene Strahl mit dem Einfallsloth macht. Man begreift nun, daß ein bei E sich befindendes Auge den Strahl CD in der Richtung von ED erblickt, und es hat also für das Auge bei E den Anschein, als käme der Lichtstrahl von einem leuchtenden Punkte, welcher sich hinter der Spiegelfläche befände. Bei einem beleuchteten oder leuchtenden Körper gehen von jedem Punkte Lichtstrahlen aus, und betrachtet [244] man einen solchen Körper in einem Spiegel, so werden die auf diesen fallenden Lichtstrahlen so in das Auge fallen, als kämen sie von einem durchaus ähnlichen Gegenstande hinter dem Spiegel, und so entsteht für das Auge das Spiegelbild. Dabei erscheint dann jeder Punkt des Gegenstandes ebenso weit hinter dem Spiegel, als es in Wirklichkeit vor demselben steht. Ist also z.B. AB der Spiegel und EF der sich spiegelnde Gegenstand, so erscheint der Punkt E um die Entfernung EG hinter dem Spiegel bei e, oder es ist EG = Ge; ebenso ist FH = Hf. Stände KF senkrecht gegen die Fäche AB, so würde folglich das Spiegelbild ef in gerade umgekehrter Stellung erscheinen. Daher kommt es z.B., daß man Gegenstände, welche am Ufer eines Flusses oder Sees stehen, umgekehrt in diesem gespiegelt erblickt. Ist der Spiegel in einem Winkel von 45° gegen den sich spiegelnden Gegenstand geneigt, so erscheint dieser, wenn er senkrecht stand, wagerecht, und wenn er wagerecht stand, senkrecht, wie solches die nebenstehende Figur erläutert. Jedes Spiegelbild verhält sich gegen einen andern Spiegel gerade wieder ebenso wie ein sich in diesem spiegelnder Gegenstand. Man kann daher ein Spiegelbild wieder in einem andern Spiegel betrachten, und es verändert sich dabei nur die Richtung, in welcher das Bild gesehen wird, und die Lichtstärke desselben, weil sich bei jeder neuen Spiegelung der schon erwähnte Lichtverlust erneuert. Mit Hülfe mehrer Spiegel läßt sich die Vervielfältigung des Bildes sehr weit treiben, und dies hat zur Erfindung eines angenehmen Spielwerks des Kaleidoskops (s.d.) Veranlassung gegeben. Andere auf demselben Princip beruhende ähnliche Spielereien sind die sogenannten Spiegelkästen, und im Großen ausgeführt die Spiegelzimmer.

Die gekrümmten Spiegel sind theils auswärts gekrümmt, theils einwärts, jene heißen convexe, diese concave Spiegel. Die Krümmung ist in der Regel eine regelmäßige, und am häufigsten so, daß sie einem Theil einer Kugelfläche entspricht. Convexe Spiegel erhält man, wenn man eine Glaskugel mit einer gefärbten Flüssigkeit anfüllt, oder inwendig mit Amalgam belegt, sowie auch polirte Metallkugeln ähnliche Spiegel geben. Meist ist jedoch der convexe Spiegel nur der kreisförmige Abschnitt einer Kugel. Bei diesen convexen Spiegeln erscheint das Bild stets um so weiter hinter der Oberfläche, je entfernter der sich spiegelnde Gegenstand von der spiegelnden Oberfläche entfernt ist. Wenn also z.B. AB die Krümmung des Spiegels angibt, in der Art, daß dadurch der Abschnitt einer Kugel angedeutet ist, deren Mittelpunkt bei G liegt, und deren Halbmesser GC ist, und wenn sich der Gegenstand bei E befindet und sein Bild bei D erscheint, so verhält sich die Größe des Gegenstandes bei K zur Größe des Bildes bei D wie die Entfernung KC zu der Entfernung CD, und je näher der Gegenstand dem Spiegel gebracht wird, desto näher rückt auch das Bild desselben und desto größer wird es. Das Gesetz, nach welchem hier die Zurückwerfung des Lichts erfolgt, entspricht dem bei ebenen Spiegeln. Betrachten wir z.B. einen Lichtstrahl EM, welcher bei M die spiegelnde Fläche trifft, und stellen wir uns durch M eine Berührungslinie an die Kugel gelegt und auf diese eine Senkrechte errichtet vor, so gibt uns die letztere das Einfallsloth an, und wieder ist hier der Winkel, welchen der einfallende Strahl mit dem Einfallslothe macht, gleich dem Winkel, welchen der zurückgeworfene Strahl mit dem Einfallslothe machte. Es erscheint also der Strahl EM dem gegen den Spiegel gerichteten Auge in der Richtung ND. Dieses Gesetz gilt von allen von E aus auf Spiegel fallenden Strahlen, und man übersieht, wie auf diese Weise das Bild des Gegenstandes bei D zu Stande kommt. – Stellt MN die Fläche des convexen Spiegels vor, AB den sich spiegelnden Gegenstand, so ist ab das Bild desselben, und dieses erscheint stets kleiner als AB; je weiter AB fortrückt vom Spiegel, desto kleiner wird der Winkel AFB, und desto kleiner wird mithin auch das Bild ab. Die interessantesten Erscheinungen bieten die concaven Spiegel oder Hohlspiegel dar. Auch sie sind am gewöhnlichsten so geschliffen, daß die Krümmung derselben der einer Kugel entspricht. Die Art, wie hier die Zurückwerfung des Lichts erfolgt, erklärt sich aus der nachstehenden Figur. Es stelle ACB einen Spiegel vor, welcher so geschliffen ist, daß seine hohle Fläche als Theil einer Kugel zu betrachten ist, die ihren Mittelpunkt in G hat und deren Halbmesser GC ist, und es sei E ein vom Spiegel weit entfernter Gegenstand. Dann wird das Bild dieses Gegenstandes bei D erscheinen, welches der Mittelpunkt des Halbmessers CG ist. Jeder Lichtstrahl nämlich, der wie EM von dem Gegenstande aus auf den Spiegel fällt, wird zurückgeworfen werden, sodaß er durch den Punkt D geht, und ein sich etwa bei N befindendes Auge wird das Bild des Gegenstandes bei D erblicken. Das Bild wird sich seiner Größe nach zum Gegenstande verhalten, wie CD zu ME, also kleiner als der Gegenstand sein. Wenn man den Gegenstand dem Spiegel nähert, so wird das Bild von D auf G zurücken, und sobald der Gegenstand nach G gelangt, werden Bild und Gegenstand zusammenfallen. Wird der Gegenstand von G aus noch weiter vorgerückt, so zieht sich das Bild jenseits G zurück, bis der Gegenstand bei D anlangt,[245] wo dann das Bild in unendlicher Form hinter E erscheinen wird. Wird aber der Gegenstand dem Spiegel noch näher gebracht, so fällt das Bild hinter den Spiegel und erscheint größer als der Gegenstand. Dabei ereignet sich noch aus nachweisbaren Gründen, daß das Bild verkehrt erscheint, so lange der Gegenstand von dem Spiegel weiter entfernt ist, als die Länge des Halbmessers beträgt, nach welchem der Spiegel geschliffen (d.h. des Halbmessers der Kugel, als zu deren Oberfläche gehörig der Spiegel zu betrachten ist). Da sich bei den Hohlspiegeln unter gewissen Bedingungen das Bild vor dem Spiegel darstellt, so sind dieselben besonders geeignet, um optische Täuschungen hervorzubringen, wie dieses in der natürlichen Magie geschieht. Noch besser bedient man sich hierbei aber statt der oben erwähnten sphärischen Hohlspiegel, bei denen die Krümmung einer Kugelfläche angehört, der elliptischen Spiegel, bei denen die Krümmung eine elliptische Fläche ist. (Vgl. Ellipse.) Ein solcher Spiegel hat nämlich zwei Brennpunkte, d.h. es gibt für ihn zwei Punkte, welche die Eigenthümlichkeit haben, daß, wenn sich in dem einen ein Gegenstand befindet, in dem andern das Bild desselben erscheint. Eine Anordnung zu einem solchen optischen Versuche gibt die nachstehende Abbildung an. CD stellt die Wand eines Zimmers vor, oder einen Schirm, welcher ein Gemach in zwei Hälften scheidet; darin befindet sich die Öffnung EF, deren Mittelpunkt etwa 5 F. über dem Boden sich befindet und welche nach Art eines Bildes oder gewöhnlichen Spiegels mit einem Rahmen umgeben sein kann. MN ist ein großer elliptischer Hohlspiegel, der so aufgestellt ist, daß sein einer Brennpunkt auf jene Öffnung EF fällt, während in dem andern Brennpunkte, unsichtbar für den bei O befindlichen Zuschauer, eine beliebige Figur verkehrt aufgestellt ist, wie hier etwa ein Crucifix. Dann erscheint das Bild innerhalb des Rahmens. Hat man den Zuschauer bei O in den Wahn versetzt, daß er vor einem Planspiegel stehe, so erwartet er sein eignes Bild zu sehen, und wundert sich daher, ein ganz anderes zu erblicken. Der Gegenstand, welcher auf diese Weise gesehen werden soll, muß natürlich stark beleuchtet sein. Erscheint auf diese Weise das Bild in der Luft, so wird es deutlich nur von dem Punkte O aus wahrgenommen, man kann es aber für eine Menge in den Zimmern vor EF vertheilter Zuschauer sichtbar machen, wenn man den Raum EF mit Dampfwolken erfüllt, die das Bild wie ein Schirm auffangen. – Als Spielerei hat man auch cylindrische und konische (kegelförmige) convexe Spiegel, welche ein ganz verzerrtes Bild der vor ihnen liegenden Gegenstände geben. Da man jedoch die Gesetze kennt, nach denen diese Verzerrung erfolgt, so kann man nach denselben Zeichnungen herstellen, welche für sich betrachtet, undeutlich und unförmlich erscheinen, aber vor den Spiegel gelegt, in diesem regelmäßige und verständliche Bilder geben. Man nennt diese Zeichnungen katoptrische Anamorphosen. – Da die Hohlspiegel die auf sie fallenden Strahlen in einem Punkte vereinigen, so hat man sie auch als Brennspiegel (s. Brennglas) benutzt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 244-246.
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