Spiegel [2]

[740] Spiegel. Eine wirklich erschöpfende Theorie der durch gekrümmte Spiegel erzeugten Bilder setzt durchaus die Kenntnis der katakaustischen Fläche (s.d., S. 404) voraus.

Da das vom Beschauer wahrgenommene Bild nur durch die in die Pupille eindringenden Strahlen erzeugt wird, finden wir seinen Ort, indem wir den die punktförmig gedachte Pupille schneidenden Strahl und seinen Berührungspunkt mit der katakaustischen Fläche ermitteln. Die Tatsache, daß durch Spiegelung (und auch durch Brechung) an krummen Flächen überhaupt deutliche Bilder entstehen, ist auf die Kleinheit unserer Pupille zurückzuführen, die bewirkt, daß von den von einem Punkte ausgegangenen Strahlen nur ein sehr enges, annäherungsweise als einzelner Strahl zu betrachtendes Bündel in unser Auge gelangt. Mit zunehmender Größe der Pupille nimmt die Bildschärfe ab.

Die gewöhnlichen, in jedem kleinen Lehrbuche der Physik angegebenen, ursprünglich von Leonhard Euler herrührenden Formeln gelten nur annähernd für Achsenstrahlen, d.h. für Strahlen, die mit der Achse des Spiegels sehr kleine Winkel bilden, oder, wenn sie der Achse parallel sind, im Verhältnis zum Krümmungsradius sehr kleine Abstände von ihr haben. Diese Formeln haben also nur Bedeutung für sehr schwach gekrümmte Spiegel und für den Fall, daß sich das Auge in oder sehr nahe bei der optischen Achse befindet. – Eine ganz besondere Stellung nimmt der ebene Spiegel ein. Bei ihm gehen die Rückwärtsverlängerungen der zurückgeworfenen Strahlen genau durch einen Punkt; die katakaustische Fläche ist hier gewissermaßen zu einem Punkte zusammengeschrumpft. Die Bilder beliebig ausgedehnter Gegenstände sind hier daher absolut scharf und von der Größe der Pupille des Auges durchaus unabhängig.

F. Meisel.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 740.
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