Arsinoe, Gemahlin des Agos

[311] Arsinoe, Gemahlin des Agos, Gemahlin des Königs Agos von Cyrene, hatte eine einzige Tochter, welche Berenice hieß, und von ihrem Vater kurz vor seinem Tode dem Sohne seines Bruders, des König Ptolemäus in Aegypten, Ptolemäus Euergetes, verlobt wurde. Arsinoe aber hatte wenig Ehrfurcht vor seinem letzten Willen, sondern kaum hatte Agos die Augen geschlossen, so trug sie Berenicen sammt dem Königreich Cyrene dem Demetrius, Bruder des Königs Antigonus in Macedonien an. Demetrius eilte, diese vortheilhaften Vorschläge anzunehmen, doch als er in Cyrene anlangte, bemerkte er bald, wie seine männliche Schönheit einen tiefen Eindruck auf das Herz der künftigen Schwiegermutter machte. Sinnlich und leicht verführt benutzte er diese schnelle Eroberung, ergötzte sich mit der schönen Arsinoe, und vernachlässigte nicht nur die ihm zugedachte Braut, sondern auch die Staatsdiener des Königreichs, und das Heer. Berenice fühlte sich gekränkt durch diese Geringschätzung, und durch das strafbare, selbst den Schein der Schicklichkeit entbehrende Verhältniß zu ihrer Mutter. Da nun Jedermann durch Demetrius zügellose Leidenschaften in Furcht gesetzt, und durch seine Ueppigkeit empört war, so trieb der allgemeine Haß, dem sich endlich auch Berenice anschloß, das Volk zu dem ihr früher bestimmten Bräutigam Ptolemäus Euergetes hin, den man sich zum Herrscher wünschte, und man suchte, Demetrius auf alle Weise los zu werden. Als jedoch jede List fehlschlug, griff der blinde Eifer, der sich gegen ihn auflehnte, zum Morde, und in einer Stunde, wo er mit Arsinoe[311] allein war, überfiel ihn eine Anzahl von Menschen, die sich zu seinem Untergang verschworen hatten. Arsinoe hörte, daß Berenice, welche vor der Thür des Gemaches stand, den Mördern befahl, nur ihrer Mutter zu schonen. Si: stürzte sich auf ihren Geliebten, und suchte ihn mit ihrem Körper zu bedecken und ihn auf Kosten ihres eigenen Lebens zu retten – aber umsonst: er wurde umgebracht, und Berenice vollzog den väterlichen Willen, indem sie sich mit Ptolemäus Euergetes vermählte.

A.

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Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 311-312.
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