Gaussin, Johanne Katharine

[331] Gaussin, Johanne Katharine, eine berühmte Schauspielerin am Théatre français, betrat dasselbe 1731, nachdem sich ihr ausgezeichnetes Talent schon auf einigen Bühnen der Provinz Anerkennung erworben hatte. In den Rollen der Junia, Andromache und Iphigenia gewann sie den allgemeinsten Beifall; allein den glänzendsten Sieg feierte sie als Zaire in Voltaire's gleichnamiger Tragödie. Die Lobsprüche, mit denen die Künstlerin von allen Dichtern und Kritikern über dreißig Jahre hindurch überhäuft wurde, würden einen Band füllen. Sie übertraf sogar in einem vollständigen Triumphe die berühmte Lecouvreur (s. d.); man erzählt, daß der Soldat, welcher hinter den Coulissen die Wache that, sein Gewehr habe fallen lassen, und, weniger an seine Pflicht denkend als von dem Spiele der Gaussin als Berenice gerührt, in Thränen ausgebrochen sei. La Harpe sagt von ihr, sie habe es verstanden, mit der Stimme zu weinen. Daher war sie am Trefflichsten in Darstellungen von weichen, gefühlvollen, hingebenden Charakteren. 1759 hatte sie sich mit einem Operntänzer, Tavolaigo, vermählt, fühlte sich aber in dieser Ehe sehr unglücklich und verließ deßwegen 1763 die Bühne, deren Glanz sie noch immer, und selbst, als sie die größern und angreifendern Partien der Clairon (s. d.), und Dumesnil (s. d.) überlassen mußte, gewesen war. Alle Schriftsteller stimmen im Lobe ihrer geselligen Liebenswürdigkeit überein; sie war eben so gutmüthig als bescheiden und geistreich, dabei von einer einnehmenden Heiterkeit, innig, gefühlvoll und weiblich.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 331.
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