Girardin, Delphine

[436] Girardin, Delphine, eine Tochter der bekannten Sophie Gay (s. d.) und des Dichters Girardin, hat sich unter den französischen Dichterinnen der letzten Jahre den ehrenvollen Platz erworben, welchen ihr ausgezeichnetes poetisches Talent mit dem vollsten Rechte verdient. In Aachen 1803 geboren, erhielt sie, erst 17 Jahre alt, von der Akademie française bei einer Bewerbung den Preis. Die Aufgabe war, die Bestrebungen der französischen Aerzte und die Aufopferungen der Nonnen des Camillaklosters zu Barcellona während[436] der dort herrschenden Epidemie zu verherrlichen; Delphine's Gedicht wurde mit ungetheiltem Beifall aufgenommen und sie selbst erhielt vom Könige, dem sie vorgestellt wurde, einen ansehnlichen Jahrgehalt. Ebenso feierte sie in einigen gelungenen Versen den Tod des Generals Foy, dessen Grabmal auf dem Kirchhofe des Père Lachaise noch heute damit geschmückt ist. Die junge Dichterin, welche ihren Namen auch durch einige Mittheilungen in Zeitschriften bereits rühmlich bekannt gemacht hatte, verweilte hierauf zwei Jahre in Italien und wurde in Rom am 16. April 1827 zum Mitgliede der Tiberakademie auf dem Capitol aufgenommen, eine Ehre, die noch keiner Dame bis dahin erwiesen worden war. Delphine kehrte nach Frankreich zurück und hat seitdem ein schönes Gedicht: »Le retour« drucken lassen, auch unter dem Titel: »Essais poétiques« eine Sammlung ihrer Gedichte herausgegeben. Ihr jüngstes poetisches Produkt: »Napoline« ist 1832 erschienen und hat neue Lorbeern in den Kranz geflochten, welcher ihre jugendliche Stirn schon umlaubte.

T.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 436-437.
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