Wieliczka

[434] Wieliczka, diese östreich., in Galizien gelegene Bergstadt mit 4500 Ew. verdankt ihre Entstehung den unermeßlichen Salzschätzen, die unter derselben ausgebeutet werden. Die berühmten Steinsalzbergwerke sollen durch einen Hirten, Namens Wielicz, der auf Veranlassung des verlorenen Traurings der heiligen Kunigunde hier in eine Erdspalte stieg, entdeckt worden sein. Bereits zu Anfange des 13. Jahrhunderts wurde Salz zu Tage gefördert, jetzt haben die Werke eine Tiefe von3000 F. und eine Ausdehnung von 2M. in der Länge und ½ Stunde in der Breite erreicht. Wollte man alle[434] Stollen durchwandern, so müßte man eine Reise von 120 Wegstunden machen. Das ganze Bergwerk, in das man entweder auf einer Stiege von 1000 Stufen oder am Seile gelangt, ist in vier Etagen eingetheilt, wovon die drei untersten durch Salzsäulen gestützt werden. 800 Arbeiter und 30 Pferde fördern jährl. gegen 800,000 Ctr. Salz zu Tage, und man hat berechnet, daß bereits 600 Millionen Ctr. im Ganzen gewonnen wurden. Das Innere erinnert an die Mährchen aus Tausend und eine Nacht. Man findet eine dem heiligen Antonius geweihte Kapelle aus rosenfarbenem Salzstein gehauen, geschmückt mit Kanzel und Altar. Am Eingang zu derselben steht die Statue August's II. Aus der Kapelle gelangt man in den sogenannten Kronleuchtersaal mit einem Wasserfall und einem Obelisken, der zum Andenken an einen Besuch des Kaisers von Oestreich im Jahre 1817 errichtet wurde Weiterhin zieht der Ballsaal mit Orchester und Transparenten unsere Aufmerksamkeit auf sich. In demselben wurde 1813 ein glänzendes Fest gegeben. Unter den vielen Wasserbecken sind namentlich 4 merkwürdig, die auf Kähnen befahren werden. Unwahr ist, wie mehrere Reisende erzählt haben, daß die Arbeiter mit ihren Familien ihr ganzes Leben in diesen unterirdischen Regionen zubrächten; es darf vielmehr über Nacht Niemand daselbst bleiben.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 434-435.
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