Wieliczka

Wieliczka

[714] Wieliczka, eine freie Bergstadt im bochnier Kreise des östr. Königreichs Galizien, vier Stunden südl. von Krakau [714] unsern der Raba und der Weichsel auf der Nordseite der Karpaten gelegen, hat 6500 Einw. und ist durch die Steinsalzgruben berühmt, welche sich unter der Stadt weg und weit über ihr Gebiet hinausziehen, indem die in drei Stockwerken bearbeiteten Gruben von W. nach O. eine Ausdehnung von 9600, von N. nach S. von 3600 und eine größte Tiefe von 1230 F. haben.

Manche geben diese Entfernungen jedoch viel bedeutender an. Die Gruben liegen in dem mächtigen Salzflötz, welches sich an der Nordseite der Karpaten bis nach der Moldau hinzieht und werden seit der ersten Hälfte des 13. Jahrh. bearbeitet. Ihre Entdeckung läßt die Sage durch das Verlorengehen des Trauringes der h. Kunigunde, Gemahlin des Königs Boleslaw V. von Polen, geschehen, der in eine Erdspalte gefallen und so die Veranlassung zu Nachgrabungen gewesen sein soll, welche diesen unerschöpflichen Salzreichthum verschlossen. Die jährliche Ausbeute beträgt gegen eine Mill. Ctr. und seit der Entdeckung sind gegen 600 Mill. Ctr. gewonnen worden. An 600 Menschen sind dabei beschäftigt, ohne jedoch in den Gruben zu wohnen, wie zuweilen unrichtig behauptet worden ist. Vielmehr darf in denselben Niemand über Nacht bleiben und nur die bei den Arbeiten nothwendigen, ungefähr 60 Pferde werden dort gelassen, und für diese sind in den Gruben Ställe eingerichtet. In die großen unterirdischen Räume, welche mit der Zeit hier entstanden sind, führen elf Tagschachte hinab, von denen zwei in der Stadt W. selbst liegen: der Franziszeck mit einer hinabführenden Wendeltreppe von 470 Stufen, der 1744 unter August III. erbaut worden ist, und der blos 198 F. tiefe Danielowicz, welcher von den meisten Schaulustigen befahren wird. Die Decken der obern, ältern Höhlungen und Kammern sind zum Theil mit Holzsäulen und Zimmerwerk gestützt, welches bei der großen Trockenheit der Grube sich trefflich hält; die übrigen werden durch stehengelassene oder dazu aufgeführte Säulen von Steinsalz gestützt. Von den ausgebrochenen Höhlen werden viele mit taubem Gestein wieder zugeschüttet, andere dienen zu Vorrathsräumen und sind zum Theil mit in Salzstein gearbeiteten, architektonischen Zierathen und Bildhauerarbeiten verziert. Das oberste Stockwerk enthält eine dem h. Antonius geweihte Kapelle in rosafarbigem Salzstein und eine Statue König August II. steht am Eingange. In der Nähe befindet sich ein vorzüglich weiter Raum, der sogenannte Kronleuchtersaal, mit schwarzen Salzsteinsäulen und einem ungeheuern Salzsteinkronleuchter. Ein Obelisk erinnert hier an den Besuch des Kaisers von Östreich im J. 1817. In mehren Räumen der Grube sind Teiche, welche mit Nachen befahren werden, und bei vollständiger Beleuchtung gewährt dieser unterirdische Bau, welchen nebenstehende Abbildung darstellt, ein unsaglich reizendes Schauspiel. Das Salz wird gehauen, gebrochen, selten gesprengt und in viereckigen Stücken, sogenannten Formalstücken, von 11/2 Ctr. Gewicht, in rundlichen von 5–10 Ctr. Schwere, die Balwanen heißen, auch in unregelmäßigen Naturalstücken, endlich in kleinern und in Fässer verpackten (Minutien) Stücken, sowie als Blattniksalz in den Handel gebracht, welches letztere stark mit Thon verunreinigt und blos für das Vieh brauchbar ist. Von Farbe ist das Salz theils weiß und wird, wenn es rein ist, zum Gebrauch kleingestoßen, theils grünlich, röthlich und krystallisirt. Das ganz durchsichtige wird auch zu einer Menge kleinerer und größerer Gegenstände, wie Rosenkränze, Crucifixe, Dosen u.s.w. verarbeitet. W. mußte 1772 von Polen an Östreich abgetretenwerden, gehörte in Folge des wiener Friedens seit 1809 Östreich und dem neuerrichteten Herzogthum Warschau gemeinschaftlich und kam 1814 wieder ganz an Ostreich.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 714-715.
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